LGBTIQ*-Aktivisten setzen Hoffnungen in Armeniens neuen Premierminister Nikol Paschinian. Nachdem der Politiker zu einer Schlüsselfigur der friedlichen Revolution des Landes geworden war, wurde er gestern zum neuen Regierungschef gewählt.
Foto: facebook.com/nikol.pashinyan
Nikol Pashinyan
Nikol Paschinian versteht sich als Mann des Volkes und inszeniert sich gerne als solcher. Seine Schlüsselrolle in Armeniens sogenannter Samtener Revolution macht ihn auch für LGBTIQ* zum Hoffnungsträger.
Er steht für einen Neuanfang: Nikol Paschinian will Korruption bekämpfen, politische Machtmonopole aufbrechen und demokratische Prinzipien in Armenien zum obersten Gebot machen. Seine Wahl war möglich geworden, nachdem Republikaner Sersch Sargsjan im April nach nur einer Woche im Amt des Premiers aufgrund massiver (von Paschinian angeführter) Proteste seinen Rücktritt erklärt hatte. Sargsjan wurde Vetternwirtschaft und Wahlbetrug vorgeworfen. Dass er Oppositionsführer Paschininan und zwei seiner Mitstreiter im Zuge der Proteste festnehmen ließ und nach ihrer Freilassung einräumte, dass er damit einen Fehler gemacht habe, machte Paschinian endgültig zur Heldenfigur einer Bewegung, die in Armenien als „Velvet Revolution“ („Samtene Revolution“) gilt.
Nach einem erfolglosen ersten Wahlgang am 1. Mai wurde Nikol Paschinian am 8. Mai mit 59 zu 42 Stimmen doch noch zum Premierminister gewählt. Da sich Armeniens kleine LGBTIQ*-Bewegung der Samtenen Revolution verbunden fühlt, setzen die queeren Sprachrohre des kaukasischen Landes große Hoffnungen in den neuen Regierungchef – auch weil Paschinian sich zuvor durch Aussagen wie „Keine Bestechung, keine Monopole, Menschenrechte werden geachtet, das Gesetz wird siegen“ zu Menschenrechten bekannt hatte.
Homosexualität ist in Armenien seit 2003 nicht mehr verboten, aber auf der ILGA-Rainbow Map wurde das Land im Jahr 2015 zur dritt-LGBTIQ*-unfreundlichsten Nation Europas hinter Russland und Aserbaidschan gewählt. Antidiskriminierungsgesetze wären das erste, was Paschinian in Angriff nehmen müsste. Doch der 42-Jährige wird in den nächsten Monaten erst mal andere Dinge zu tun haben. Sein erklärtes erstes Ziel ist eine Reform, die das Wahlrecht vor Betrug sichern soll.
Armenien Paschinian HRW
Giorgio Gogia von Human Rights Watch zitierte Paschinian nach der Wahl mit den Worten: „Keine Bestechung, keine Monopole, Menschenrechte werden geachtet, das Gesetz wird siegen.“
Armenien React
LGBTIQ*-Aktivist Mamikon Havseyan setzt Hoffnung in den neuen Premier. Auch wenn er findet, dass Armeniens Samtene Revolution mehr weibliche Beteiligung bräuchte.
Pink Armenia
Das LGBTIQ*-Bündnis Pink Armenia reagierte auf Paschinians Wahl zum Premierminister, indem es mit diesem Post die Beteiligung der queeren Szene an der Samtenen Revolution betonte - und damit an Paschinians Gewissen als ihr Verbündeter appellierte .
Post Paschinian
Paschinians erster Facebook-Post nach seiner Wahl zum Premier bezog sich derweil auf einen ausdrücklichen LGBTIQ*-Gegner. Er habe mit Wladimir Putin telefoniert und Glückwünsche ausgetauscht. Paschinian dankte Putin für seine „ausgewogene Haltung“ während der Samtenen Revolution. Russland ist traditionell eine enger Verbündeter Armeniens.