Hamburg wird sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet wird. Vergackeierung nennt das Farid Müller und griff die SPD über die taz schon im Vorfeld rüde an. Wir fragten den federführenden SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Philipp-Sebastian Kühn nach seinem Standpunkt. ck
WIE REAGIERST DU AUF DEN VORWURF EINES GAL-ABGEORDNETEN, DER VORSTOSS ZUR EHEÖFFNUNG SEI EIN SHOWANTRAG UND REINE HEUCHELEI?
Ich denke, angesichts der Debatten, die wir als Community in den kommenden Monaten führen müssen, bringt es herzlich wenig, wenn sich schwule und lesbische Politiker öffentlich mit solchen Vorwürfen überhäufen. Die Gerichtsentscheidung des EuGH im Mai und die noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werden unserem gemeinsamen Anliegen hoffentlich zusätzlichen Schub verleihen. Ich stehe zum Antrag meiner Fraktion und zur Bundesratsinitiative aus Überzeugung. Schon deshalb, weil ich meinen Neffen nicht erklären möchte, dass ihr Onkel mit seinem Partner in einer Ehe 2. Klasse lebt. Dieses Anliegen ist weder Show noch Heuchelei, jedenfalls für mich.
DIE HAMBURGER SPD UND OLAF SCHOLZ STEHEN SCHON SEIT LANGER ZEIT HINTER DEM PROJEKT EHE-ÖFFNUNG. WIE WEIT IST DIE DISKUSSION IN DER BUNDESPARTEI VORANGESCHRITTEN?
Wie in jeder Partei (auch bei den Linken und Grünen) gibt es Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion, die sich mit einer vollkommenen rechtlichen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften zur Ehe schwertun. Dies gehört zur Ehrlichkeit dazu. Aber: Die überwältigende Mehrheit der Bundestagsfraktion steht zu dieser Forderung, und nur darauf kommt es an. In der Politik entscheiden eben Mehrheiten, und diese fraktionsübergreifend jetzt zu organisieren, ist unser gemeinsamer Auftrag.
WELCHE WEITEREN HOMOPOLITISCHEN THEMEN STEHEN BEI DIR ZURZEIT AUF DER TAGESORDNUNG?
Als schwuler Mann beschäftigt mich natürlich auch das Thema HIV und Aids. Die Medizin hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht, so sind beispielsweise siebzig Prozent der HIV-Positiven heute berufstätig. Bei aller berechtigten Freude sind viele Betroffene von vielfältigen Problemen im Berufsleben, Verstößen gegen das Arbeitsrecht und Ausgrenzung betroffen. Zum CSD in Hamburg organisiert deshalb meine Fraktion eine Veranstaltung zu diesem Thema: HIV im Berufsleben für Teilhabe, gegen Ausgrenzung, Donnerstag 4. August um 19 Uhr im Kaisersaal/Rathaus.
Darüber hinaus stehen für viele Langzeitbetroffene zwar in Hamburg mittlerweile genügend Orte zum Sterben (Hospize/Pflegeheime) bereit, es gibt aber in Hamburg zu wenig Orte für Betroffene zum Leben. Alternative Wohnprojekte mit integrierten Pflege- und Betreuungsangeboten, wie sie beispielsweise derzeit in Berlin und München realisiert werden, wünsche ich mir auch für Hamburg.
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