Im türkischen Istanbul gingen am Sonntag Hunderte Menschen für die Rechte von LGBTIQ*s auf die Straße, obwohl eine offizielle Pride-Parade auch in diesem Jahr verboten war. Mindestens 50 Personen wurden festgenommen.
Das Menschenrechtszentrum der Istanbuler Anwaltskammer erklärte, die Polizei habe vier als Beobachter benannte Mitglieder der Anwaltskammer „sowie mehr als 50 Personen durch willkürliche, ungerechte und illegale Inhaftierung ihrer Freiheit beraubt“. Zuvor hatte die Polizei bereits Demonstrierende in der Nähe des Stadtteils Ortaköy festgenommen, wie AFP-Journalisten vor Ort beobachteten.

Foto: Kemal Aslan / AFP
Türkei
Festgenommene Demonstrierende mit gefesselten Händen steigen in einen Istanbuler Polizeiwagen (Foto aus 2024).
Homosexualität ist in der Türkei nicht strafbar, Homophobie ist jedoch weit verbreitet. Istanbuls Gouverneur Davut Gül erklärte, Veranstaltungen, „die sich gegen den gesellschaftlichen Frieden, die Familienstruktur und die moralischen Werte richten“, seien verboten. „Keine Versammlung oder Demonstration, die die öffentliche Ordnung bedroht“, werde toleriert, warnte er auf X.
Nach einer aufsehenerregenden Pride-Parade in Istanbul im Jahr 2014 mit mehr als 100.000 Teilnehmenden hatten die türkischen Behörden die Veranstaltung ab 2015 durchgehend verboten, so auch in diesem Jahr. Um das Verbot durchzusetzen, riegelte die Polizei den Taksim-Platz, der 2013 der zentrale Ort der Massenproteste gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan war, seit dem frühen Sonntagmorgen ab.
Die Organisator*innen des Pride-Marsches hatten keine genauen Angaben zu Ort und Zeit gemacht, um Polizeieinsätze zu erschweren. In den letzten Jahren fanden häufig mehrere spontane Aktionen in der Innenstadt statt, auch diesmal löste die Polizei einen kleinen Protest auf. Auf Videos in Online-Netzwerken ist zu sehen, wie eine Frau ruft, „Wir haben nicht aufgegeben, wir sind gekommen, wir glauben, wir sind hier“, bevor sie zusammen mit einem Dutzend Begleiter*innen versucht, vor der Polizei wegzulaufen, um einer Verhaftung zu entgehen.
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Festnahmen auch beim Trans-Pride-Marsch
Nach Berichten von Amnesty International Türkei wurden bereits zwei Wochen zuvor mindestens 46 Menschen, die sich zum 11. Trans-Pride-Marsch im Istanbuler Bezirk Kadıköy versammelt hatten, verhaftet und in Gewahrsam genommen.
Amnesty International Türkei verurteilte die Festnahmen und forderte die Behörden auf, das Recht auf friedliche Versammlung zu respektieren und zu schützen. „Alle Personen, die allein aufgrund der Ausübung ihres Rechts auf friedliche Versammlung inhaftiert wurden, müssen sofort und bedingungslos freigelassen werden“, erklärte die Organisation am Montag in einer Erklärung auf X. „Die Behörden müssen die Verstöße gegen die Versammlungsfreiheit und das Recht von LGBTQ+-Personen auf ein Leben ohne Diskriminierung beenden.“
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Gestern wurden mindestens 46 Menschen festgenommen und daran gehindert, ihr Recht auf friedliche Versammlung vor und nach dem Istanbuler Trans Pride March wahrzunehmen.
Das Organisationskomitee des Trans Pride March erklärte gegenüber Turkish Minute, mehrere Aktivist*innen seien vorübergehend „gewaltsam verschwunden“, ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand oder Informationen über ihren Verbleib zu erhalten. Einige Inhaftierte seien außerdem aufdringlichen Befragungen und Verstößen gegen ihre digitalen Rechte ausgesetzt gewesen
*AFP/sah