Schräger geht es kaum: In sozialen Netzwerken verbreitet sich das Gerücht, sojabasierte Burger könnten Männer in Frauen verwandeln. Rechtsnationale Organisationen und besorgte Bürger befeuern die Verschwörungstheorien mit Homo- und Transphobie.
Der fleischfreie Impossible Burger der Fastfood-Kette Burger King besteht hauptsächlich aus Sojaprotein, Wasser, Kokosnussöl, Sonnenblumenöl und Aromen. Er ist ein großer Erfolg, ebenso wie das Konkurrenzprodukt Beyond Meat von McDonalds. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen auf eine gesunde und nachhaltige Ernährung Wert legen, haben die Burger scheinbar einen Nerv getroffen.
Die abstrusen Busen-Verschwörungstheorien, die nun laut wurden, könnten sich jedoch zu einem Problem entwickeln. Immer mehr Leute springen in sozialen Netzwerken auf den Zug auf, darunter auch rechtsnationale Organisationen, die mit Homo- und Transphobie die Ängste der Menschen für ihre Propagandazwecke nutzen. So twitterte ein User:
„Sicher, lasst uns unsere Jungs schnell zu Mädchen machen!!! Was für ein tolles Programm! Soziale Beeinflussungen sind heutzutage anscheinend nicht genug, also lasst es uns mit dem Essen machen, das wir essen!“
Ebenfalls hoch im Kurs: Die Behauptungen, der Burger verwandle Männer in Frauen, lasse ihre Genitalien schrumpfen, verursache sexuelle Verwirrungen und Homosexualität.
Versteckte Agenda der Viehzuchtindustrie?
Das Gerücht entstand aufgrund eines Berichtes vom 20.12. auf dem Newsnetzwerk Tri-State Livestock News. Der Verfasser des Textes ist James Stangle, Doktor der Veterinärmedizin in South Dakota. Er behauptete, der vegetarische Burger habe durch das darin enthaltene Soja genug Östrogen, um Männern Brüste wachsen zu lassen. Stangle erklärte:
„Es sind 1 Million Nanogramm (ng) in einem Milligramm (mg). Das bedeutet, dass ein Impossible Whopper 18 Millionen Mal so viel Östrogen enthält wie ein normaler Whopper“
Außerdem führte Dr. Stangle die Theorie an, sechs Gläser Sojamilch pro Tag hätten genug Östrogen, um für Männerbrüste zu sorgen. Quellen zitiert er nicht. Die Seite, auf der Stangle seinen Artikel veröffentlichte, ist ein Newsportal der Viehzuchtindustrie, die aus naheliegenden Gründen in den vegetarischen Sojaburgern eine Bedrohung sehen könnte.
Definitiv keine Brüste durch Soja
Foto: Bill Hayes
Marion Nestle
Wirklich neu ist der Vorwurf gegenüber dem Nahrungsmittel Soja nicht, hartnäckig hält er sich seit Jahren. Der Clou an der Sache: Es handelt sich bei den Verbindungen im Soja um Isoflavone, sogenannte Phytoöstrogene – eine Art pflanzliches Östrogen. Wissenschaftler machten allerdings deutlich, Phytoöstrogene hätten keine auch nur annähernd ähnliche Wirkung auf Menschen wie Östrogene. Marion Nestle, Ernährungsprofessorin der New Yorker Universität, erklärte:
„Asiaten essen seit Jahrtausenden Sojaprodukte und zeigen keine negativen Auswirkungen dieser Art. Sie haben eine der längsten Lebensspanne und die beste Gesundheit, zumindest in der klassischen Ernährung.“
Studien haben lediglich gezeigt, dass Phytoöstrogene den Effekt von Östrogen sowohl fördern, als auch hemmen könnten – abhängig von der Art des Sojaproduktes sowie der individuellen Person und des bereits vorhandenen Hormonspiegels. So könnten Phytoöstrogene laut Forschern künftig womöglich eingesetzt werden, um Brustkrebs zu verhindern.