Nach Kritik an einem Gesetz zum Grundschulunterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität verliert der Freizeitpark „Walt Disney World Resort“ in Orlando im US-Bundesstaat Florida voraussichtlich sein Selbstverwaltungsrecht.
Floridas Parlament beschloss am 21. April den Entzug des Sonderrechts für den Unterhaltungsriesen „Walt Disney World“. Die Parlamentarier*innen kamen damit einem Wunsch des konservativen Gouverneurs Ron DeSantis nach, der bereits am 19. April während einer Sitzung des Kongresses von Florida zur Reform der Wahlbezirke angekündigt hatte, „die Beendigung aller Sonder-Bezirke [zu] prüfen, die in Florida vor 1968 beschlossen wurden – und das schließt den Reedy Creek Improvement District mit ein“.
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Der Reedy Creek Improvement District. CC BY-SA 4.0, Link
Der Reedy Creek Improvement District war in den Sechzigerjahren in Orlando geschaffen worden, um den Bau des Themenparks Disney World zu erleichtern. Das Gebiet ist etwa hundert Quadratkilometer groß und umfasst zwei Städte. Disney regiert den Bezirk, treibt Steuern ein und ist für die Grundversorgung der Bürger*innen, also etwa für die Müllabfuhr und die Abwasser-Wiederaufbereitung, zuständig. Der Verlust des Sonderstatus könnte enorme steuerliche Nachteile für Disney haben.
Strafe für Kritik an „Don‘t Say Gay“-Gesetz
Der Streit zwischen Disney und DeSantis begann Anfang März, als der republikanische Gouverneur das „Don‘t Say Gay“-Gesetz unterzeichnete. Es verbietet Unterricht an Grundschulen über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität und ist Teil der Bestrebungen der US-Republikaner, ihre konservative Linie in gesellschaftspolitischen Fragen durchzusetzen.
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Ron DeSantis debattiert den Einsatz von experimentellen SARS-CoV-2-Therapien. Auch frühe Aufklärung und Sichtbarkeit von LGBTIQ* rettet Leben, wie Studien über mentale Gesundheit bei Jugendlichen immer wieder eindrücklich belegen.
Die Spannungen nahmen zu, als auch Bob Chapek, CEO von Disney, das Gesetz öffentlich verurteilte und alle politischen Spenden seines Unternehmens in Florida stoppte. DeSantis wies die Kritik als „verlogen“ zurück. Tatsächlich hatte sich das Unternehmen lange geweigert, öffentlich gegen das Gesetz Stellung zu beziehen. Mehr noch: Disney soll allen Politiker*innen, die den Entwurf unterstützten, Geld gespendet haben. Insgesamt 300.000 Dollar an 68 Politiker*innen in Florida sollen in den letzten zwei Jahren geflossen sein (männer* berichtete).
Erst als vor allem schwule, lesbische und trans Disney-Mitarbeiter*innen die Zurückhaltung ihres Arbeitgebers scharf kritisierten, erklärte Chapek, er würde die Aufhebung des Gesetzes unterstützen. „Floridas HB 1557, auch bekannt als das ‚Don‘t Say Gay‘-Gesetz, hätte niemals verabschiedet und in Kraft gesetzt werden dürfen“, sagte Chapek.
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Ein Disney-Mitarbeiter protestiert während eines unternehmensweiten Streiks am 22. März 2022 gegen die Reaktion von Walt Disney Co. auf das umstrittene Gesetz in Florida.
Diese Kritik erzürnte Gouverneur DeSantis, der als potenzieller Präsidentschaftsbewerber für die Wahlen 2024 gilt. „Wenn Disney einen Kampf sucht, dann haben sie sich den falschen Kerl ausgesucht“, schrieb er kürzlich in einer E-Mail an seine Anhänger*innen und setzte sich dafür ein, dass das Selbstverwaltungsrecht von „Disney World“ im sogenannten Reedy Creek Improvement District abgeschafft wird. Der Status soll im Juni 2023 auslaufen. DeSantis muss das Gesetz noch unterzeichnen, was als Formalie gilt. *AFP/sah