In dem kleinen südostafrikanischen Binnenstaat Malawi organisierte eine LGBTIQ*-Menschenrechtsorganisation die erste Pride-Parade des Landes.
Rund 50 queere Menschen demonstrierten am Wochenende in Malawis Hauptstadt Lilongwe für ihre Rechte. Wie Malawi 24 berichtete, marschierten die Demonstrierenden rund eine Stunde durch die Straßen der Stadt und übergaben anschließend einem Mitarbeiter des Stadtrats von Lilongwe eine Petition. Darin fordern sie vom Präsidenten Malawis die Gleichstellung der Ehe und einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Die Demonstrierenden trugen Hemden in Regenbogenfarben und hielte Plakate hoch mit Botschaften wie „Wir sind auch Menschen“, „Vielfalt schafft Gemeinschaft“ und „Wir sind auch ein Abbild Gottes“. Ein paar vorbeifahrende Autos hupten zur Unterstützung.
Einer der Teilnehmenden sagte in einem Interview mit The Guardian, es sei ein großer Moment für ihn und seine Community gewesen: „Ich bin so glücklich, ein Teil davon zu sein“, sagte der 29-Jährige.
„In Malawi schwul zu sein ist hart und es erfordert viel Mut, so offen zu sein wie ich. Ich habe viel durchgemacht, auch Beleidigungen und Diskriminierung. Ich habe das Glück, eine liebevolle Familie zu haben, die mich so akzeptiert hat, wie ich bin.“
Während sie tanzten und „Viva LGBTI!“ sangen, bedeckten die meisten von ihnen ihre Gesichter, um ihre Identität zu verbergen. Denn Homosexualität ist in Malawi nach wie vor illegal. Ein Gesetz aus der britischen Kolonialzeit des Landes bedroht Männer, die Sex mit Männern haben, mit 14 Jahren Haft. Frauen drohen bis zu fünf Jahre Haft.
Homosexualität in Malawi
Das erste schwule Paar, das sich in Malawi öffentlich dazu bekannte, schwul zu sein, bekam dies schmerzlich zu spüren. Im Dezember 2009 wurden Steven Monjeza und Tiwonge Chimbalanga festgenommen, sie hatten öffentlich ihre Verlobung gefeiert. Anfang 2010 wollte das Paar in einer öffentlichen Zeremonie den Bund fürs Leben schließen. Doch dazu kam es nicht. Das Gericht verurteilte beide Männer zu 14 Jahren Haft mit Zwangsarbeit. Bei der Urteilsverkündung sagte der Richter, schwuler Sex sei „gegen die Natur der Ordnung“ und man müsse die Öffentlichkeit vor „Menschen wie ihnen“ schützen.
Ihre Festnahme hatte internationale Kritik und eine Debatte über Homosexualität im Land ausgelöst. Nach einem Treffen mit dem damaligen UN-Generalsekretär Ban Ki-moon begnadigte der damalige Präsident Bingu wa Mutharika das Paar, aus „humanitären Gründen“, wie es hieß. Die beiden Männer wurden in ihre jeweiligen Heimatdörfer zurückgeschickt. Steven Monjeza trennte sich von seinem Partner, um fortan mit einer Frau zusammenzuleben. Anders hätte ihn sein Dorf nicht akzeptiert (The Guardian).
Moratorium
Geberländer müssen einen enormen Druck auf das bitterarme Land ausgeübt haben, denn im Jahr 2012 setzte Präsidentin Joyce Banda die homophoben Gesetze aus und zwei Jahre später kündigte die Justizministerin des Landes, Janet Chikaya-Band, an, das Land werde Homosexuelle nicht mehr polizeilich verfolgen (wir berichteten).
LGBTIQ*s in Malawi sind aber immer noch mit Gewalt und Verfolgung konfrontiert, sei es von der Polizei, den Behörden oder von der eigenen Familie. Laut Human Rights Watch hat das Moratorium den Menschen vor Ort nur wenig geholfen – Stigmatisierung ist weit verbreitet, ebenso Erpressung, willkürliche Verhaftungen und brutale Schläge. Viele, die mit HIV leben, sagen, dass sie keinen Zugang zur lebensrettenden Versorgung erhalten. Insbesondere die trans* Community ist extremer Gewalt ausgesetzt.
Foto: Amos Gumulira / Pool / AFP
Lazarus Chakwera, Präsident von Malawi
Lazarus Chakwera, seit Juni 2020 Präsident von Malawi, sagte, er wolle eine Studie durchführen und das Volk über die Frage nach der Legalisierung von Homosexualität entscheiden lassen. Dass 80 Prozent der Malawier*innen denken, Homosexualität sei eine Sünde, dürfte dem tiefgläubigen Anhänger der Pfingstkirche „Assemblies of God“ eher entgegenkommen.
2019 ergab die erste repräsentative Umfrage zur Einstellung gegenüber LGBTIQ*s in Malawi (durchgeführt von der südafrikanischen Non-Profit-Stiftung „The Other Foundation“ und als Bericht „Under Wraps“ veröffentlicht), dass die ursprünglich von den Kolonialmächten ins Land gebrachte Homo- und Transphobie von der malawischen Gesellschaft immer noch als authentische lokale Werte betrachtet werden. Eben deshalb sollte die Frage der sexuellen Rechte nicht Gegenstand einer Studie oder eines Referendums sein.