Mit einem Paukenschlag gab die EU-Agentur EACEA bekannt: Sechs polnische Kommunalbehörden, die sich um EU-Gelder beworben hatten, werden keines bekommen – weil sie sich als „LGBT-freie Zonen“ deklarierten. Der schwule Politiker Robert Biedrón findet aber: Das ist kein Grund, sich zu freuen.
Bei der gestrigen Bekanntgabe einer EU-Fördermittelvergabe mahnte die Agentur EACEA (Education, Audiovisual and Culture Executive Agency) mit Sitz in Brüssel die queerfeindlichen Entwicklungen in ganz Polen ab. Die EU-Gleichstellungskommissarin Helena Dalli erklärte auf Twitter, es hätte mehr Gelder für Projekte geben können, an denen polnische Kommunen beteiligt waren. Diese seien aber verweigert worden – weil die betroffenen sechs Gemeinden die Resolution über „LGBT-freie Zonen“ unterschrieben hatten.
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Helena Dalli. Foto: Arno Mikkor Lizenz Creative Commons CC BY 2.0
„Die Werte und Grundrechte der EU müssen von den Mitgliedstaaten und den staatlichen Behörden respektiert werden. Aus diesem Grund wurden 6 Anträge von Städtepartnerschaften abgelehnt, an denen polnische Behörden beteiligt waren, die Resolutionen über „LGBT-freie Zonen“ oder die „Charta der Familienrechte“ angenommen hatten“.
Die EU-Agentur EACEA hatte EU-Mittel für Städtepartnerschaften in einem Wettbewerb ausgeschrieben – Kommunalbehörden konnten sich für gemeinsame Unternehmungen und Projekte mit ihren ausländischen Partnern bewerben. Bis zu 25.000 Euro sollten, je nach Ermessen der Agentur, ausgezahlt werden.
Robert Biedrón: Dummheit der Politiker schadet Bürgern
Viele queere Organisationen aus ganz Europa wünschten sich eine Reaktion der EU im Bezug auf die queerfeindlichen Entwicklungen in Deutschlands Nachbarland. Hat es nun wirklich die Richtigen getroffen?
Robert Biedroń, offen schwul, Europaabgeordneter der Linken und Ex-Präsidentschaftskandidat (wir berichteten), findet: Nein. Auf Facebook erklärte er:
„Es gibt nichts, worüber man sich freuen kann. Es ist nicht gut, wenn die Dummheit der Politiker den Bürgern und Bürgerinnen schadet. Rechte Kommunalpolitiker rauben ihren Städten die Möglichkeiten zur Entwicklung“.
Städtepartnerschaften: Für Kommunikation, Frieden und Zusammenhalt
Insgesamt gingen 285 Anträge bei der Agentur ein – aus 23 Ländern. 127 Projekte erhielten eine EU-Finanzierung. Darunter befanden sich lediglich 8 Unternehmungen, die von polnischen Kommunalbehörden und Organisationen beantragt wurden. An einigen Projekten, die von anderen Ländern beantragt wurden, sind jedoch weitere polnische Gemeinden beteiligt. Von den Geldern sollten vor allem Reise- und Unterbringungskosten der eingeladenen Teilnehmer gedeckt werden.
Die EACEA beschreibt das Städtepartnerschafts-Programm auf ihrer Webseite unter anderem als:
Initiativen zur Förderung von gegenseitigem Verständnis, interkulturellem Lernen, Solidarität, gesellschaftlichem Engagement und Freiwilligentätigkeit auf EU-Ebene
Städtepartnerschaften sind ein wichtiger Schlüssel für europaweite Zusammenarbeit und Völkerverständigung. Zuletzt hatten Organisationen und Politiker den Druck auf deutsche Städte erhöht, die Städtepartnerschaften zu „LGBT-freien Zonen“ unterhalten. Die Stadt Schwerte setzte ihre Partnerschaft zur südpolnischen Stadt Nowy Sacz schließlich aus – mit dem Wunsch auf Kommunikation und weitere Zusammenarbeit, sobald die Gemeinde die Resolution ablehne (wir berichteten).
Der Bürgermeister der Stadt Schwerte, Dimitrios Axourgos, erzählte, dass er zu dem Schritt unter anderem von Bürgern von Nowy Sacz gedrängt worden war. Sie hatten ihn um ein Zeichen gebeten und darum, mit ihrem eigenen Bürgermeister in Kontakt zu treten – weil sie selber mit der queerfeindlichen Politik und der Entwicklung in ihrer Stadt nicht einverstanden waren.