Der Hamburger Verfassungsschutz bestätigt in seinem Jahresbericht 2019 eine hohe Anzahl an Hinrichtungen im Iran, darunter viele Schwule und Lesben.
Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) des Stadtstaates Hamburg hat bestätigt, dass Regimegegner sowie religiöse und ethnische Minderheiten im Iran regelmäßig Opfer staatlicher Repressionen sind. Das zeige sich unter anderem in der hohen Anzahl an Hinrichtungen, heißt es im kürzlich veröffentlichten Jahresbericht 2019. Zu den Opfern zählten auch Menschen, die aufgrund ihrer gleichgeschlechtlichen Ausrichtung verurteilt und hingerichtet wurden.
Homosexualität in der islamischen Republik Iran
Genaue Zahlen sind nicht bekannt, doch im Jahr 2008 veröffentlichte britische WikiLeaks-Berichte besagen, dass seit der sogenannten islamischen Revolution 1979 schätzungsweise 4.000 bis 6.000 Menschen im Iran wegen mutmaßlicher Homosexualität mit „hadd“-Strafen1 belegt und hingerichtet wurden.
Wie mit homosexuellen Gefangenen umgegangen wird, geht aus dem Augenzeugenbericht eines ehemaligen iranischen Häftlings hervor, der aufgrund seines christlichen Glaubens inhaftiert war und selbst gefoltert wurde. Gegenüber der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) gab er 2015 bekannt:
„Das Schrecklichste, was ich je gesehen habe, war, wie sie mit den Homosexuellen umgehen. Sie waren angekettet wie Tiere, an Händen und Füßen. Einige von ihnen über Jahre in Einzelhaft. Ich selbst war auch in Einzelhaft, aber nie mehr als etwa einen Monat am Stück. Unvorstellbar, und dann so angekettet! Die Wachen haben sie getreten, schlimmer als Tiere. Sie haben sie bespuckt, beschimpft, angeschrien. Sie haben sie auf die Toilette geschleift, wie Tiere – mit einer Hundeleine. Das war schockierend.“
LSU fordert strengere Konsequenzen!
Der Bundesverband Lesben und Schwule in der Union (LSU) zeigte sich angesichts der Berichte erschüttert. In der Pressemitteilung heißt es: „Als Bundesvorstand sind wir erschüttert über den unvorstellbaren Grad an Menschenfeindlichkeit, der sich in Form organisierter Hinrichtungen mit besonderer Grausamkeit zeigt. Ganz zu schweigen von den bis zu diesem Schritt bereits erlittenen Repressionen und Instrumenten der Folter gegenüber Homosexuellen. Das muss uns wachrütteln, um erneut alle Möglichkeiten zu analysieren und dann in Angriff zu nehmen, auch von Deutschland aus dieser menschenfeindlichen Praxis im Iran entgegenzutreten.“
Alexander Vogt, Bundesvorsitzender des LSU, forderte, Programme der Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere solche, bei denen das Engagement der Privatwirtschaft gefördert wird, gezielter in den Blick zu nehmen. Deutsche Unternehmen im Iran rief er dazu auf, ihrerseits Druck auf die Einhaltung von Menschenrechten auszuüben und vor allem in Bezug auf die Situation von LGBTIQ*s Haltung zu zeigen. Denn Menschenrechte, so Vogt, seien schließlich das Leitprinzip der Deutschen Entwicklungspolitik.
Kurdisch-iranischer Sänger Mohsen Lorestani vermutlich hingerichtet
Erst im Oktober 2019 berichteten wir von der Verhaftung des kurdisch-iranischen Sängers Mohsen Lorestani. Lorestani war am 2. März 2019 festgenommen und wegen des Tatbestands „Mofsed-e-filarz“ (Korruption auf Erden), der oft in Verbindung mit Homosexualität genannt wird, angeklagt worden.
Die erste Gerichtsverhandlung im Oktober 2019 fand ohne Beisein eines Anwalts statt. Mohsen Lorestanis Anwalt erklärte, er sei erst nach Abschluss des Prozesses von den Behörden informiert worden. Auch von der zweiten Gerichtsverhandlung am 4. Dezember 2019 habe er erst im Nachhinein erfahren.
Wenngleich weder von offizieller Seite noch durch kurdische Menschenrechtsorganisationen bestätigt, muss davon ausgegangen werden, dass Mohsen Lorestani nicht mehr am Leben ist. Beiträge aus kurdischen Social-Media-Berichten deuten darauf hin, dass Lorestani bereits am 6. Dezember 2019 hingerichtet wurde.
1 „hadd“-Strafen: Nach der Rechtsauffassung des Landes verletzt Homosexualität als unislamisches Verhalten, das der göttlichen Ordnung zuwiderläuft, kein menschliches Recht, sondern das Recht Gottes. Somit wird Homosexualität im Iran als „Grenzvergehen“ (Kapitalverbrechen) eingestuft und mit sehr harten „hadd“-Strafen geahndet, die von Auspeitschungen bis hin zum Tod durch Hinrichtung reichen.