In Berlin gingen gestern Menschen auf die Straße, um Polens Queercommunity zu unterstützen. Derweil fordert der LSVD von Weimars polnischer Partnerstadt, den LGBT-Hass zu beenden – und die erste polnische Stadt, die sich zur LGBT-freien Zone erklärte, zeigt Reue.
Begonnen hatte alles mit Protesten wegen der Pläne, queere Themen in den polnischen Sexualunterricht zu integrieren. Angefeuert von der rechtsnationalen Zeitung Gazeta Polska, der katholischen Organisation „Ordo Iuris“ und der nationalkonservtaiven Regierungspartei PiS, erklärte sich inzwischen mehr als ein Drittel des deutschen Nachbarlandes als frei von angeblich schädlicher LGBTIQ*-Ideologie.
In Berlin fanden gestern rund 200 Aktivisten zusammen, um vor dem Polnischen Institut in Mitte gegen die Homophobie in Polen zu protestieren. Sie brachten Plakate und Regenbogenflaggen mit und lauschten Reden – darunter der polnischen Queeraktivistin Monika Pacyfka Tichy, die unter anderem von der schwierigen Situation erzählte, der die Community bei CSDs inzwischen ausgesetzt ist.
Immer lauter werden die Rufe nach europäischer Solidarität und Unterstützung. Zuletzt hatten polnische Queeraktivisten einen Boykott gestartet, der die Brauerei Kompania Piwowarska mit der Gazeta Polska in Verbindung brachte – und somit laut den Aktivisten jeden, dem die Problematik am Herzen läge, den Genuss der Biere Lech, Tyskie und Pilsner Urquell verleiden sollte (wir berichteten).
Ende für die Städtepartnerschaften?
Das fordern im Gespräch mit der Berliner Zeitung die beiden Grünen-Politiker Volker Beck und Sebastian Walter. Alle Partnerstädte von polnischen Gemeinden und Städten, die sich der Ideologie anschlossen, sollten die Sachverhalte genau prüfen und daraus ihre Konsequenzen ziehen.
Frankreich macht vor, wie es geht: Nachdem die französische Stadt Saint-Jean-de-Braye ihre Partnerschaft mit der polnischen Stadt Tuchów beendete, wuchs der Druck auf andere Städte, darunter auch viele deutsche, die Partnerschaften mit südpolnischen Städten oder Gemeinden unterhalten.
Auch der LSVD Thüringen fordert von den Verantwortlichen der Stadt Weimar umgehende Gespräche mit der Partnerstadt Zamość. Der Oberbürgermeister müsse die sofortige Rücknahme des LGBT-feindlichen Labels einfordern, erklärte Jenny Luca Renner vom Verband. Durch die Beschränkung der Rechte der Community verginge sich die Stadt an Menschenrechten. Renner machte deutlich:
„Sollten die Verantwortlichen nicht einlenken, fordern wir ein Ende der Städtepartnerschaft. Gleichzeitig sollte Weimar Kontakt zu queeren Vereinen oder Initiativen aufnehmen, die sich in der Region Zamość für den Schutz der Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Solche Initiativen müssen jetzt gestärkt werden“
Die erste Stadt zeigt Reue
Regenbogenflagge
Polnischen Medienberichten zufolge will die erste Stadt keine LGBT-feindliche Zone mehr sein: Der Stadtrat von Kobyłka in der Nähe von Warschau unterzeichnete im Oktober die queerfeindliche Resolution der polnischen Kommunalverwaltung für Familienrechte. Ein halbes Jahr später regen sich in der Regierung der Stadt offenbar Zweifel.
Die Stadtsekretärin Małgorzata Murawska erzählte der Zeitung Gazeta Wyborcza, es sei nach eingehender Prüfung festgestellt worden, die Resolution würde gegen das Gesetz verstoßen – der Stadtrat wolle sie daher zurücknehmen. Die Bürgermeistern Edyta Zbieć äußerte ihre persönliche Abneigung gegen die Resolution. Sie machte deutlich, sie wolle nicht, dass Menschen diskriminiert würden und die Stadt dadurch zu einem Fleck der Schande auf der polnischen Landkarte verkomme.