Die Methodist Church of Great Britain sprach sich in einer historischen Abstimmung dafür aus, auch homosexuelle Paare zu trauen. Damit sind Großbritanniens Methodisten die größte religiöse Konfession im Land, die gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt. Um konservative Teile der Church nicht zu vergrätzen, dürfen sich Priester aber auch gegen die Durchführung solcher Trauungen entscheiden.
„Nach betender Überlegung“, wie es in der Pressemitteilung heißt, bestätigte die Methodistenkonferenz am 30. Juni einen vorläufigen Beschluss aus dem Jahr 2019, wonach gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt und künftig auch homosexuelle Paare getraut werden sollen. Der Entscheidung war eine Abstimmung mit 254 Ja-Stimmen zu 46 Nein-Stimmen vorausgegangen, 29 von 30 Synoden sprachen sich für die Änderung der Definition der Ehe aus.
Die Methodist Church ist Großbritanniens viertgrößte christliche Konfession mit etwa 164.000 Mitgliedern in mehr als 4.000 Kirchen. Mit der Entscheidung sind die britischen Methodisten die größte religiöse Konfession in Großbritannien, die gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt. Erste gleichgeschlechtliche Trauungen in methodistischen Kapellen sollen im Herbst stattfinden.
Zwei Definitionen von Ehe
Mit der Frage nach der Ehe für alle beschäftigt sich die Methodistenkirche schon seit vielen Jahren. 2006 war die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare noch abgelehnt worden. 2013 wurde die Diskussion darüber wieder aufgenommen und 2014 wurde die Arbeitsgruppe „Ehe und Beziehungen“ eingerichtet, die die Frage von allen Seiten beleuchten sollte. 2019 legte die Arbeitsgruppe dem Leitungsgremium der Kirche, der Methodist Conference, den Bericht „God in Love Unites Us“ mit Empfehlungen zu verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit Beziehungen im Allgemeinen und der Ehe im Besonderen vor.
Die Methodistenkonferenz nahm die Vorschläge aus dem Bericht vorläufig an und leitete sie zur Beratung an die lokalen Synoden weiter. Eine endgültige Entscheidung für oder gegen die gleichgeschlechtliche Ehe sollte auf der Konferenz im Juli 2020 fallen, die jedoch wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt und erst in diesem Jahr nachgeholt werden konnte.
Eine Klausel zur Gewissensfreiheit wird es den Geistlichen erlauben, sich gegen die Durchführung solcher Trauungen zu entscheiden. Im Grunde genommen bedeutet diese Klausel, dass die methodistische Kirche nun zwei parallele Definitionen von Ehe hat – eine Position besagt, dass „die Ehe nur zwischen einem Mann und einer Frau stattfinden kann“ und die andere, dass „die Ehe zwischen zwei beliebigen Personen stattfinden kann“. Mit dieser doppelten Definition hofft die Kirche, konservative Kirchenmitglieder in der Methodist Church zu halten. Außerdem sollen Geistliche, die es nicht mit sich vereinbaren können, homosexuelle Paare zu verheiraten, vor Diskriminierung geschützt werden.
Verbot von Konversionsverfahren – Appell an Boris Johnson
Nicht weniger historisch ist der Beschluss der Konferenz, Konversionsverfahren „in jeglicher Form“ zu verbieten. Im Namen der Methodist Church of Great Britain darf dürfen diese menschenunwürdigen Verfahren nicht mehr durchgeführt werden. Die britische Regierung unter Premierminister Boris Johnson forderte die Konferenz auf, diese Praxis ebenfalls unverzüglich zu verbieten. Der hatte im April – wohl auf Druck konservativer evangelikaler Kreise – angedeutet, von einem vollumfänglichen Verbot der Konversionsverfahren abrücken zu wollen und Gebet sowie pastorale Unterstützung weiterhin zu erlauben (wir berichteten).
Ein „wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gerechtigkeit“
Pfarrer Sam McBratney, der Vorsitzende von Dignity and Worth, eine Vereinigung von Methodisten und Wesleyaner, die sich für Gerechtigkeit, Liebe und Respekt für alle einsetzen, sagte, dies sei nach vielen Jahren „schmerzhafter Gespräche“ ein „wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gerechtigkeit“. „Einige von uns beten seit Jahrzehnten für diesen Tag und können kaum glauben, dass er jetzt da ist“, sagte er.
„Wir sind unseren Methodistenkollegen so dankbar, dass sie diesen mutigen Schritt unternommen haben, um den Wert von LGBTQ+-Beziehungen anzuerkennen und zu bestätigen.“
Auch Pfarrerin Sonia Hicks, die am 1. Juli zur ersten schwarzen Präsidentin der Methodistenkirche gewählt wurde, sprach von einem „historischen Tag für unsere Kirche“. Mit Blick auf die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Methodistenkirche forderte sie dazu auf, „einander weiterhin im Gebet zu halten und uns gegenseitig zu unterstützen, indem wir unsere Unterschiede respektieren“.
„In einer Welt, in der Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung, ihres Geschlechts oder einfach, weil sie wie ich in einer Sozialwohnung aufgewachsen sind, ausgegrenzt sind, glaube ich, dass wir berufen sind, allen Menschen Gottes Liebe zu zeigen.“