Die als „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ bezeichneten Mormonen hat unerwartet ihre Unterstützung für ein vorgeschlagenes Bundesgesetz bekundet, das Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt. Diese Ankündigung überrascht, da die Mormonen als konservative Religionsgemeinschaft bislang homosexuelle Menschen diskriminiert haben.
Respekt für religiöse Diskriminierung
Tatsächlich teilte die in Utah, USA, ansässige Kirche mit, dass sich ihre Position in Bezug auf die Ehe zwischen Mann und Frau auch nicht verändern wird. Trotzdem wird die rechtliche Gleichstellung der „LGBTQ-Brüder und Schwestern respektiert“. Die Erklärung der Kirche erfolgte, nachdem die Befürworter des Gesetzes einen Änderungsantrag zu dem vom Repräsentantenhaus verabschiedeten Gesetzentwurf eingebracht hatten, der religiöse Organisationen von der Bereitstellung von „Dienstleistungen, Unterkünften, Vorteilen, Einrichtungen, Gütern oder Privilegien für die Begehung oder Feier einer gleichgeschlechtlichen Ehe" befreit. Dies deckt sich mit einer Befragung aus dem Jahr 2017, die ergab, dass 53% aller mormonischen Erwachsenen der Meinung sind, dass kleine Privatunternehmen in der Lage sein sollten, schwulen oder lesbischen Menschen aus religiösen Gründen Produkte und Dienstleistungen zu verweigern.
Mormonen weiter homofeindlich?
Bislang wurden alle gleichgeschlechtlichen sexuellen Handlungen von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in ihrem Keuschheitsgebot verboten. Die Kirche war an vielen Gesetzen beteiligt, die die Diskriminierung von LGBT-Rechten und die gleichgeschlechtliche Ehe betreffen. Noch 1997 erklärte der damalige Kirchenpräsident Gordon Hinckley, die Kirche werde „alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe in den Vereinigten Staaten zu verhindern". Darüber hinaus hat sich die Kirche gegen das Verbot der sogenannten Konversionstherapien in Utah eingesetzt. Mit diesen Therapien soll eine Umerziehung homosexueller Menschen zu Heterosexuellen erreicht werden.
Möglicherweise mussten sich die Mormonen jedoch der gesellschaftlichen Realität in den eigenen Reihen stellen, denn über die Hälfte der jungen mormonischen Erwachsenen im Alter von 18 bis 29 Jahren unterstützen die gleichgeschlechtliche Ehe. Von daher erhebt die Kirche keine Einwände mehr gegen Rechte in Bezug auf faire Wohn-, Arbeits- oder Nachlassrechte, solange diese nicht die das Recht, ihre Religion frei von staatlicher Einmischung zu verwalten, verletzen. Der Kirche ist es allerdings gelungen, dass polygame Ehen weiterhin mit Segnungen innerhalb der Kirche möglich sind. Der Gründer ihrer religiösen Gemeinschaft soll insgesamt mit 40 Ehefrauen verheiratet gewesen sein.
Große Mehrheit im Senat für Respekt vor der Ehe
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US-SENATE-VOTES-ON-RESPECT-FOR-MARRIAGE-ACT
Seltene Einigkeit: US-Senatorin Kyrsten Sinema (Demokraten) tätschelt Senator Rob Portman (Republikaner) während einer Pressekonferenz, nachdem der Senat den „Respect for Marriage Act" am 29. November 2022 im Capitol Building in Washington, DC verabschiedet hat.
Der US-Senat hat mit überparteilicher Mehrheit für eine gesetzliche Verankerung der Homo-Ehe und dem Recht auf gemischt-ethnische Ehene gestimmt. Für den entsprechenden Gesetzentwurf votierten am Dienstag 61 Senatoren, es gab 36 Gegenstimmen von den oppositionellen Republikanern, denen mit dem Zugeständnis für Religionsgemeinschaften ihr Hauptgegenargument abhanden gekommen war. Das Gesetz mit dem Namen „Respect for Marriage Act“ – etwa Gesetz für den Respekt der Ehe – muss jetzt noch vom Repräsentantenhaus verabschiedet werden, bevor Präsident Joe Biden es mit seiner Unterschrift in Kraft setzen kann. Es soll verhindern, dass ein Supreme-Court-Urteil die 2015 ebenfalls vom Supreme-Court eingeführte Ehe für alle oder sogar das Recht interethnischer Eheschließungen wieder einkassiert, so wie es mit dem Abtreibungsrecht passiert ist. *oa/ck/AFP