Polen im Wahlkampf: Vor der Stichwahl am 12. Juli verkündete Polens Präsident heute medienwirksam, die Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare in der Verfassung verbieten zu wollen. Das Traurigste daran: Sogar sein schärfster Konkurrent stimmt ihm bei diesem Thema zu.
Für den Präsidenten wird es eng, Andrzej Duda kämpft derzeit um seine Wiederwahl. Zwar konnte er im ersten Wahlgang mit 8.412.183 Stimmen (43,7 Prozent) die Führung übernehmen – sein Gegner Rafał Trzaskowski bekam nur 5.845.164 Stimmen (30,34 Prozent). Allerdings bedeutete dies zugleich einen Stimmenverlust für Duda (wir berichteten) – und da kein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen vereinen konnte, findet am 12. Juli eine Stichwahl statt.
In dieser heißen Phase fand Duda es wohl an der Zeit, sein liebstes Politik-Thema noch einmal zu verschärfen. Der Kandidat der queerfeindlichen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die maßgeblich für die Verschärfung des Queerhasses im Land verantwortlich ist, hatte bereits Mitte des Monats bei einer Wahlkampfveranstaltung behauptet, queere Rechte seien schädlicher als der Kommunismus (wir berichteten). Letzten Monat versprach er, queerinklusive Bildung in Schulen zu verbieten und versicherte, er werde jede Gesetzgebung zur gleichgeschlechtlichen Ehe blockieren. Nun geht es also Regenbogenfamilien an den Kragen – nicht, dass es denen in Polen bislang sonderlich gut ergangen wäre.
Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Südpolen gab Duda heute bekannt, er werde am Montag einen unterzeichneten Entwurf für eine Verfassungsänderung vorlegen, die gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption von Kindern verbieten würde. Laut dem Portal PolandIn sagte er, dies solle im Zeichen des „Kinderschutzes“ geschehen. Die Nachricht wird für viele homosexuelle Paare in Polen, die die Gründung einer Familie in Erwägung zogen, ein verheerender Schlag sein – allerdings auch keine große Überraschung.
„Kinder, denen die elterliche Unterstützung versagt wird, brauchen besonderen Schutz. Das Verbot muss eingeführt werden, weil es in der Verantwortung des Staates liegt, wem ein solches Kind anvertraut wird.“
Traurig: Sogar sein Gegner stimmt ihm zu
Dudas Gegner bei der Stichwahl, Rafał Trzaskowski, bemühte sich sogleich, seine Zustimmung bekannt zu geben. Der Warschauer Bürgermeister, der für die europafreundliche Bürgerplattform (PO) kandidiert, machte das Thema Adoptionsverbot kurzerhand auch zu seinem.
Natürlich sei auch er für ein solches Verbot, so Trzaskowski. Mit der Versicherung, dies sei auch die Überzeugung der meisten anderen Parteien, versuchte er, die Wirkung von Dudas Rede abzuschwächen. Er behauptete, Duda versuche mit diesem Schritt nur von anderen Wahlkampfthemen abzulenken und in der Wählergunst wieder zu steigen.
Sieht also nicht so aus, als würde in Polens Wahlkampf jemand eine Lanze für die Queercommunity brechen – oder deren Situation sich nach der Wahl sonderlich verbessern.