Im Mai wird in Polen ein neuer Präsident gewählt. Seit letzter Woche steht fest: Der linksliberale EU-Abgeordnete und schwule Vorkämpfer für LGBTIQ*-Rechte Robert Biedroń wird als Hoffnungsträger für Polens Linke in den Wahlkampf ziehen.
Der 44-jährige Robert Biedroń wurde am 7. Januar 2020 vom Drei-Parteien-Bündnis Lewica (dt. „Die Linke“) – bestehend aus der postkommunistischen Sojusz Lewicy Demokratycznej (dt. „Koalition der Demokratischen Linksallianz“, SLD), der im Februar 2019 von Biedroń gegründeten Partei Wiosna (dt. „Frühling“) und der linksalternativen Partei Razem (dt. „Gemeinsam“) – offiziell als Präsidentschaftskandidat nominiert.
Dt. Übers.: „Danke @__Lewica und @partiarazem für die Unterstützung meiner Kandidatur bei der Wahl des Präsidenten der Republik Polen. Es ist eine große Ehre. Die Linke beweist einmal mehr, dass die Zusammenarbeit für uns gut funktioniert. Und das werden wir auch weiterhin tun – zum Wohle der polnischen Frauen und Polen.“
Steile queere Karriere
Biedroń, der 1976 geboren und in Krosno, einer polnischen Stadt nahe der slowakischen Grenze aufgewachsen ist, studierte Politikwissenschaft in Olsztyn und in Wien, bevor er 2001 die LGBT-Organisation Kampania Przeciw Homofobii (Kampagne gegen Homophobie) gründete, deren Vorsitzender er acht Jahr lang war.
2011 gelang ihm mit der linksliberalen Partei Twój Ruch (dt. „Deine Bewegung“) der Einzug in den Sejm, das polnische Abgeordnetenhaus. Biedroń war somit das erste offen homosexuelle Mitglied des Seijms. Denn der Polit-Star Biedroń lebt offen schwul, ist seit 18 Jahren mit seinem Partner Krzysztof Śmiszek zusammen (wir berichteten). Somit verkörpert er alles, was die konservative Regierungspartei PiS ablehnt und ihr Parteivorsitzende Jarosław Kaczyński 2015 als „Homo- bzw. LGBT-Terroristen“ stigmatisierte.
2014 wurde Biedroń zum Oberbürgermeister der Stadt Słupsk, einer Kleinstadt an der Ostsee, gewählt – und er hielt, was er im Wahlkampf versprochen hatte. Biedroń schaffte es innerhalb weniger Jahre, die am höchsten verschuldete Stadt Polens in die schwarzen Zahlen zu bringen. Seitdem wird Słupsk regelmäßig zu einer der lebenswertesten Städte Polens gewählt.
Nach fünf Jahren im Amt trat Biedroń mit seiner erst drei Monate zuvor gegründeten Partei Wiosna (wir berichteten) bei der Europawahl 2019 an. Wiosna erzielte 6,06 Prozent der Stimmen und Biedroń, der auf Listenplatz 1 seiner Partei stand, zog in das Europäische Parlament ein, wo er bis heute als Abgeordneter tätig ist.
Dass Biedroń bei der Präsidentschaftswahl im Mai als Sieger hervorgehen wird, ist eher unwahrscheinlich. Laut einer Umfrage des Onlineportals Super Express gilt der bisherige Amtsträger Andrej Duda mit 45 Prozent als Favorit. Biedroń kam nur auf 12 Prozent. Biedroń, der für seinen unermüdlichen Einsatz um Wählerstimmen bekannt ist, lässt sich davon allerdings nicht einschüchtern. In einem Interview mit Super Express erklärte er:
„Dies ist ein sehr guter Ausgangspunkt und ich bin sehr dankbar für das Vertrauen. Diese 12 Prozent sind die Wähler der Linken aus den letzten Wahlen. Das bedeutet, dass wir unglaublich mobil sind.“