Das russische Parlament stimmte am Mittwoch für einen Gesetzentwurf, der die Adoption russischer Kinder in Länder verbietet, die geschlechtsangleichende Operationen zulassen – es ist die jüngste einer Reihe ultrakonservativer sozialer Maßnahmen.
Russland schafft seit Jahren ein unwirtliches Umfeld für LGBTIQ*-Personen. Im Juli 2023 verbot es die „internationale LGBT-Bewegung“ als extremistisch und verbot geschlechtsangleichende Maßnahmen. Die nun in erster Lesung verabschiedete jüngste Stigmatisierung ist ein Adoptionsverbot für Bürger*innen aus Ländern, die „die Änderung des Geschlechts durch medizinische Eingriffe, einschließlich des Einsatzes von Medikamenten“, zulassen oder Personen erlauben, ihr Geschlecht in offiziellen Ausweispapieren zu ändern. Damit, so die Gesetzgeber, wollte man sicherstellen, dass adoptierte Kinder keiner geschlechtsangleichenden Operation unterzogen werden.
Die Abgeordneten stimmten in der ersten Lesung fast einstimmig für das vorgeschlagene Gesetz, Auf 397 Ja-Stimmen gab es nur eine Gegenstimme. Das Gesetz muss noch in zwei weiteren Lesungen verabschiedet und vom Oberhaus gebilligt werden, bevor es von Präsident Putin unterzeichnet werden kann.
Duma-Sprecher Wjatscheslaw Wolodin begrüßte die Verabschiedung des Gesetzes. „Mit diesem Gesetz schützen wir das Kind, wir tun alles dafür, dass das Kind nicht in einem Land landet, in dem gleichgeschlechtliche Ehen und Geschlechtsumwandlungen erlaubt sind“, sagte er.
Wolodin hatte Anfang des Monats russischen Medien ein Interview gegeben, in dem er Europa und die USA als „krank“ bezeichnete, weil sie Geschlechtsangleichungen zulassen, und Menschen angriff, „die gestern noch Männer waren und sich heute Frauen nennen“.
Auslandsadoption praktisch gestoppt
Die Auslandsadoption russischer Kinder ist seit 2012, als Moskau Amerikaner*innen die Adoption untersagte, drastisch zurückgegangen. Seit der Offensive in der Ukraine im Jahr 2022 ist sie praktisch vollständig zum Erliegen gekommen. Im Jahr 2023 wurden nach offiziellen Angaben nur sechs russische Kinder von Ausländer*innen adoptiert.
Nach Angaben der Regierung, die in russischen Medien zitiert werden, befanden sich zu Beginn des Jahres 358.000 Kinder in Heimen.
Kinder, die auf eine Adoption warten, sind von den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine betroffen, hinzu kommen Probleme bei der physischen Anreise nach Russland. 2022 hatte Moskau erstmals ein Adoptionsverbot für „unfreundliche Länder“ erwogen.
Bei den jüngsten Vorschlägen handelt es sich um eine neue Version eines Gesetzentwurfs aus dem Jahr 2022, der darauf abzielt, die Adoption russischer Kinder durch Eltern aus „unfreundlichen Ländern“ zu verbieten – ein Begriff, mit dem Moskau Länder bezeichnet, die Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine mit Sanktionen belegt haben.
In einer Erläuterung auf der Website der Staatsduma heißt es, der Gesetzentwurf ziele darauf ab, die Adoption russischer Kinder durch „NATO-Länder“ zu verbieten. Die Abgeordnete Nina Ostatina, eine der Verfasserinnen des Gesetzentwurfs, sagte: „Der hybride Krieg, der gegen uns entfesselt wird, betrifft auch unsere Kinder ... Russland ist zu einem Vorposten für die Bewahrung traditioneller Werte geworden“.
Sinkende Bevölkerungszahlen
Einen Tag vor Verabschiedung des Gesetzes in erster Lesung hatten die Abgeordneten ein Verbot der Förderung kinderloser Lebensweisen gefordert und die „Bewegung“ und „Ideologie“ von Paaren, die sich gegen Kinder entscheiden, als dekadenten westlichen Einfluss bezeichnet, der im Widerspruch zu den „traditionellen Werten“ Russlands stehe.
Der Kreml, der mit einer alternden Bevölkerung konfrontiert ist, versucht damit, den demografischen Wandel Russlands zu stoppen, der durch den Ukraine-Feldzug, bei dem Hunderttausende Männer an die Front geschickt wurden, noch verschärft wurde. Expert*innen haben bereits vor den Auswirkungen auf die Geburtenrate in Russland gewarnt.
„Ich bin generell dagegen, dass Kinder gewaltsam aus Russland herausgeholt werden, als wären sie eine Ware“, sagte der Gesetzgeber Pjotr Tolstoi. „Sind unsere demografischen Verhältnisse so gut, dass wir uns in ein Brutkastenland verwandeln sollten? Oder sollen wir unter dem Einfluss der liberalen Propaganda das Geschlecht wechseln?“ *AFP/sah