Heute finden in Uganda die Wahlen statt. Es ist ein Kampf der Generationen: Der größte Konkurrent des Präsidenten Yoweri Museveni ist Robert Kyagulanyi alias Bobi Wine (38). Sein Herausforderer versucht, sich als Verfechter der Menschenrechte zu etablieren. Nicht nur deshalb ist er ein außergewöhnlicher Präsidentschaftskandidat: Einst war er ein Popstar in Uganda, nun ist er Politiker. Wie steht er zu Queers, was könnte sich im Falle seines Sieges für die Community ändern?
Das Land fällt vor der Wahl in einen bürgerkriegsähnlichen Zustand, Präsident Museveni (76) will auch nach sieben Amtszeiten nicht aufgeben. Er lässt das Militär auflaufen und die sozialen Medien abschalten. Mit einer friedlichen Amtsübergabe ist im Falle seiner Niederlage nicht zu rechnen. Im November starben bereits Dutzende Menschen bei Protesten und Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Sein größter Konkurrent Bobi Wine ist ein charismatischer Mann, der vor allem die jungen Menschen anspricht – jene, die keinen anderen Präsidenten als Museveni kennen. Sie sehnen sich nach dem Wandel, den Wine ihnen verspricht.
Was könnte sich im Falle seines Sieges für die Queers in Uganda ändern?
Schlechter kann es kaum werden
Aktivist*innen schätzen die Größe der Queercommunity in Uganda auf etwa 500.000 Menschen. Für sie ist die Lage im Land besonders prekär.
Schwules Paar vor Fahne
Anders als in den meisten Ländern mit queerfeindlicher Gesetzgebung ist in Uganda nicht nur männliche, sondern explizit auch weibliche Homosexualität illegal. Sogar heterosexueller Anal- und Oralsex ist strafbar.
Präsident Yowero Museveni ist ein erklärter Feind der Community. Gegenüber CNN bezeichnete er Homosexuelle als „widerlich“, erklärte, Homosexualität sei sowohl unnatürlich als auch eine bewusste Entscheidung und habe nichts mit Menschenrechten zu tun.
2014 etablierte sich Museveni in der globalen Wahrnehmung als einer der queerfeindlichsten Menschen der Welt – mit der Unterzeichnung des „Kill the Gays“-Gesetzes. Der von westlichen Medien verliehene Name war allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht mehr korrekt – so stand nach diversen Änderungen durch das Parlament nicht mehr die Todesstrafe für homosexuelle Handlungen im Raum, sondern „nur noch“ eine lebenslange Gefängnisstrafe.
Außerdem drohte auch denen eine Bestrafung, die Homosexuelle nicht bei den Strafverfolgungsbehörden meldeten. Später im Jahr wurde das Gesetz vom Verfassungsgericht des Landes gekippt.
Foto: facebook.com/N.Opiyo101
Wine beschuldigt die Regierung auch der gesetzeswidrigen Verhaftung und Folter von Menschenrechtsanwälten, allen voran NIcholas Opiyo (wir berichteten). Opiyo war maßgeblich beteiligt am Prozess, der zu Abschaffung des „Kill the Gays“-Gesetzes führte.
Übrigens: Während Homosexualität in Uganda früher gesellschaftlich akzeptiert war, ist sie seit der britischen Kolonialisierung illegal. Ähnlich wie in den Nachbarstaaten Ruanda, Kenia und Burundi – und vielen anderen Ländern weltweit – hielt die Homophobie Einzug mit den christlichen Missionaren. Die britischen Gesetze blieben in Uganda auch nach der Unabhängigkeit in Kraft.
Bobi Wine sang einst gegen Homosexuelle ...
Mit einem Sieg von Wine könnte sich die Lage der Community signifikant ändern. Denn nicht nur seine Berufung hat sich geändert – auch seine Einstellung gegenüber der Queercommunity, so scheint es zumindest.
Im Jahr 2014 wurde noch eine Petition initiiert, die Bobi Wine von der Einreise nach Großbritannien abhalten sollte. Darin wurde ihm vorgeworfen, schwulenfeindliche Texte zu verfassen:
„Der ugandische Künstler Bobi Wine schreibt Lieder mit unverhohlen homophoben Texten und ruft dazu auf, schwule Menschen anzugreifen oder zu töten... einem solchen Künstler zu erlauben, in der Öffentlichkeit aufzutreten, wird eindeutig zu Spannungen führen“.
Bobi Wine dementierte die Vorwürfe. Er würde niemals zu Gewalt gegen oder Mord an jemandem aufrufen. Vielmehr sei er mit Homosexuellen einfach nicht einverstanden. Dies sei seine persönliche Meinung – sowie die von 99 Prozent seiner Landsleute – die ihm aufgrund der Meinungsfreiheit zustünde, aber niemandem schaden sollte.
… und änderte seine Meinung
In einem Interview mit der BBC sagte Bobi Wine letzten Monat, dass er Homosexuelle unterstütze – weil sie ein Recht darauf hätten, alle Freiheiten zu genießen, die das Land seinen Bürgern biete. Er sei tolerant gegenüber anderen Menschen und glaube an die Menschenrechte für alle, so der Neu-Politiker.
Bereits letztes Jahr machte er sich für queere Menschen stark. Während seines Auftritts bei der South African Broadcast Corporation (SABC), sagte der 38-Jährige zwar noch, dass er schwule Menschen nicht unterstützen könne – hingegen aber ihre Rechte respektiere. Gefragt nach seiner Einstellung gegenüber Homosexuellen antwortete er:
„Ich glaube, dass man die Verantwortung hat, die Rechte aller Bürger zu schützen, derer, die so sind wie man selbst und derer, die nicht so sind wie man selbst. Ich glaube, dass man als Anführer ein hohes Maß an Toleranz braucht, um sicherzustellen, dass die Nation zusammenkommt.“
Museveni bemüht die Homolobby
Die zugegeben recht schwammig formulierten Aussagen gehören wohl zum Besten, das die Queercommunity in Uganda von einem in der Öffentlichkeit stehenden ugandischen Politiker zu hören bekam.
Foto: Russell Watkins/Department for International Development / CC BY-SA 2.0 / wikimedia.org
Yoweri Museveni
Will nicht kampflos gehen: Yoweri Museveni - Foto: Russell Watkins/Department for International Development, CC BY-SA 2.0, Link
Der Präsident versucht derweil, Wine zu diskreditieren. Immer wieder wirft er ihm vor, eine Marionette des Westens und der „Schwulenlobby“ zu sein. Diese würde ihn finanzieren, um den Frieden in Uganda zu stören.
Museveni warnte:
„Diese werden vom Westen benutzt, um verabscheuungswürdige Akte der Homosexualität und der kulturellen Störung einzuführen. Auch terroristische Gruppen, die in der Region der Großen Seen operieren, benutzen indirekte Methoden durch Politiker. Fallen Sie nicht auf ihre Machenschaften herein.“
Museveni kämpft mit allen Mitteln gegen den Machtwechsel
Im Vorfeld der Wahl reichte Wine eine Beschwerde beim Internationalen Gerichtshof (ICC) gegen Museveni und neun hochrangige Sicherheitsleute ein. Er warf ihnen vor, eine Welle der Gewalt ausgelöst und Menschenrechte verletzt zu haben. Kurz darauf wurde eine Onlinekonferenz von Wine durch Polizisten gestört, die Tränengas und Munition einsetzten.
Er sei sogar kurzfristig verhaftet worden, so Wine – ebenso wie insgesamt 23 seiner Wahlkampfhelfer*innen. Mehr als 500 seiner Anhänger seien im Gefängnis, viele weitere getötet worden oder spurlos verschwunden, berichtete Wine diese Woche einem kenianischen Radiosender.
Wie wahrscheinlich ist Musevenis Niederlage?
Foto: Kremlin.ru / CC BY 4.0 / wikimedia.org
Putin und Museveni
Lässt sich wie Putin nicht aus dem Amt jagen: Museveni ist bereits seit 1986 Präsident Ugandas. - Foto: Kremlin.ru, CC BY 4.0, Link
18 Millionen Bürger haben sich für die Wahl registrieren lassen. Schätzungen und Prognosen zufolge wird erwartet, dass Museveni mehr als 50 Prozent der Stimmen erringt. Allerdings ist ein Überraschungssieg nicht ausgeschlossen: In einer Umfrage gaben 68 Prozent der Befragten, sie glaubten, dass der amtierende Präsident gewinnen werde – doch nur 54 Prozent gaben an, selbst für ihn stimmen zu wollen.