Das ungarische Parlament hat Änderungen des Adoptionsrechts und zwei Zusätze zur Verfassung beschlossen. Die Verfassungsänderungen sollen das konservative Familienbild der Regierung Orbán festigen und Transgender und Intersexuelle in Ungarn weiter stigmatisieren.
Das ungarische Parlament hat am 15. Dezember eine Novelle des Kinderschutzgesetzes durchgesetzt, nach der nur verheiratete Paare Kinder adoptieren können. Gleichgeschlechtliche Paare, alleinstehende und unverheiratete Personen sind de facto ausgeschlossen.
Auch zwei Zusätze zur Verfassung wurden beschlossen. Die Neuformulierungen sehen vor, dass die „Mutter eine Frau und Vater ein Mann ist“ und dass Ungarn „die Selbstidentität der Kinder entsprechend ihrem Geschlecht bei ihrer Geburt“ schützt. „Erziehung“, so heißt es weiter, „soll in Übereinstimmung mit den Werten sein, die auf der Identität und der christlichen Kultur unseres Heimatlandes beruhen“.
Regierung will konservatives Familienbild festschreiben
Die Verfassungsänderungen sind darauf ausgelegt, das konservative Familienbild der Regierung Orbán zu festigen und die Rechte von queeren Menschen im Land weiter einzuschränken.
Entsprechend scharf kritisiert Dávid Vig, Direktor von Amnesty International in Ungarn, die Beschlüsse:
„Dies ist ein schwarzer Tag für die ungarische LGBTQ-Community und für die Menschenrechte. Diese diskriminierenden, homophoben und transphoben Gesetze – durchgewinkt unter dem Mantel der Corona-Pandemie – stellen nur die jüngste Attacke der ungarischen Behörden auf LGBTQ-Personen dar.“
Vig, der selbst homosexuell ist, sagt, er überlege sich mittlerweile genau, ob er in der Öffentlichkeit die Hand seines Freundes halte, denn ihn „erreichen immer mehr diskriminierende Nachrichten – auch Hassbotschaften und Morddrohungen“.
EU soll endlich handeln
Terry Reintke, stellvertretende Vorsitzende der Grünen/EFA Fraktion und Co-Vorsitzende der LGBTI-Intergroup im Europäischen Parlament, fordert die Europäische Kommission und die EU-Regierungen auf, sich endlich mit diesen Fragen zu befassen und das Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn voranzutreiben.
„Die Absage der Anhörung Ungarns durch die deutsche Ratspräsidentschaft, die ursprünglich am 8. Dezember im Rat für Allgemeine Angelegenheiten geplant war, ist eine vertane Chance. Es liegt jetzt bei der kommenden portugiesischen Präsidentschaft, dass so bald wie möglich eine Anhörung zu Ungarn organisiert wird. Wir können die Entrechtung von LGBTI-Menschen in Ungarn nicht weiter akzeptieren.“