Die Biden-Harris-Regierung gab bekannt, dass die lang wirkende injizierbare PrEP gemäß den Vorschriften des Affordable Care Act von den Krankenkassen ohne Kostenbeteiligung übernommen werden muss.
Die aktualisierten Leitlinien wurden am 21. Oktober über eine FAQ-Liste zum Affordable Care Act herausgegeben, die gemeinsam vom Arbeitsministerium, dem Gesundheits- und Sozialministerium und dem Finanzministerium veröffentlicht wurde. Für US-amerikanische Medicare-Patient*innen bedeuten die neuen Leitlinien, dass ihnen alle Formen der PrEP – darunter zwei tägliche Tablettentherapien UND ein langwirkendes Injektionsmittel – im Rahmen von Medicare Teil B ohne Kostenbeteiligung zur Verfügung stehen müssen. Auch dürfen die Krankenkassen die Patient*innen nicht zwingen, eine Form der PrEP einer anderen vorzuziehen.
Carl Schmid, geschäftsführender Direktor des HIV+Hepatitis Policy Institute, zeigte sich über die Ankündigung der Biden-Harris-Regierung erfreut. Im Sommer dieses Jahres hatte das HIV+Hepatitis Policy Institute gemeinsam mit 63 HIV-Organisationen die Bundesgesundheitsbehörde Center for Medicare and Medicaid Services (CMS) aufgefordert, die Leitlinien zu veröffentlichen.
„Wir sind der Biden-Harris-Regierung dankbar, dass sie auf unsere Bitte um Herausgabe dieser Leitlinien eingegangen ist“, erklärte Schmid in einer Pressemitteilung. „Andernfalls würden unserer Meinung nach einige Versicherer weiterhin nur die tägliche orale PrEP abdecken und den PrEP-Nutzern nicht die Wahl lassen, die sie brauchen. Angesichts der Tatsache, dass bis zu einem Drittel der privat versicherten PrEP-Nutzer immer noch mit einer Kostenbeteiligung belastet werden, müssen wir sicherstellen, dass sowohl die Bundes- als auch die Landesregulierungsbehörden die Anforderungen an die PrEP-Abdeckung energisch durchsetzen.“
„Angesichts der geringen Akzeptanz der PrEP in den am stärksten von HIV betroffenen Bevölkerungsgruppen wird diese Versicherungspflicht ohne Kostenbeteiligung dazu beitragen, den Einsatz wirksamerer Formen der PrEP voranzutreiben und zu weniger HIV-Übertragungen zu führen.“
Eine Frage von Adhärenz und Kosten
PrEP oder Präexpositionsprophylaxe bezeichnet die Verwendung antiviraler Medikamente, um zu verhindern, dass sich HIV-infizierte Menschen mit dem Virus infizieren. Die Pille Truvada wurde 2012 erstmals von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für die PrEP-Verwendung zugelassen, etwas später auch die Pille Descovy. Ende 2021 hat die FDA auch das Medikament Apretude von ViiV Healthcare als injizierbare Behandlung zugelassen.
Grundsätzlich gilt: Je einfacher ein Dosierschema, desto besser die Adhärenz und somit auch die Kontrolle von HIV. Die zuverlässige Anwendung hilft nämlich dabei, die Entstehung von Resistenzen zu erschweren. Neben der Dosierung sind es vor allem auch die Kosten, die dazu beitragen, dass das Potenzial von PrEP nicht zur Gänze ausgeschöpft wird, erklärte der Vizepräsident und Direktor für öffentliche Ordnung bei amfAR, The Foundation for AIDS Research, Greg Millett in einer Pressemitteilung. „Die Kosten sind in den USA ein allzu häufiges Hindernis für den Zugang zur Gesundheitsversorgung“, so Millett.
„Das Potenzial von PrEP, die HIV-Übertragung zu reduzieren, wurde aufgrund der geringen Nutzung noch nicht vollständig ausgeschöpft. Die Ausweitung des kostenlosen Zugangs zu verschiedenen Formen von PrEP ist ein notwendiger Schritt, um HIV als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit zu beenden.“
Auch Nick Armstrong, Manager für Regierungsangelegenheiten und Interessenvertretung beim AIDS Institute, ist zuversichtlich, dass die Kostenübernahme einen Meilenstein in der Bekämpfung des HI-Virus bedeutet, denn
„[z]u viele Menschen, die von PrEP profitieren könnten, nutzen es nicht. Das gilt besonders für Menschen aus rassischen und ethnischen Minderheiten und für Frauen. Wenn die Versicherer diese neue Richtlinie richtig umsetzen, wird sie dafür sorgen, dass die Kosten kein Hindernis für den Zugang zu PrEP darstellen. Das wird die Ungleichheiten verringern und uns dem Ende der HIV-Epidemie näher bringen.“
HIV-Prävention in demokratischen Bundesstaaten erfolgreicher
Forscher*innen der UNC Gillings School of Global Public Health haben indes einen klaren Zusammenhang zwischen diskriminierender Gesetzgebung auf Bundesstaaten- und Bezirksebene und schlechteren Ergebnissen bei der Prävention des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) festgestellt. Eine aktuell veröffentlichte Studie, die zwischen 2017 und 2022 unter 3.300 sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten und jungen Erwachsenen durchgeführt wurde, zeigt, dass Jugendliche, die entweder in Staaten mit weniger Anti-LGBTIQ*-Politik oder in Bezirken mit einer demokratischen Wählermehrheit leben, eine höhere PrEP-Nutzung angaben – 5 Prozent bzw. 6 Prozent höher.
Diese Auswirkungen verstärkten sich, wenn man Jugendliche betrachtete, die sowohl in einem fortschrittlicheren Staat als auch in einem fortschrittlicheren Landkreis lebten. In dieser Bevölkerungsgruppe stieg die PrEP-Nutzung um 10 Prozent.