Das ersehnte Lebenszeichen kam nach zwölf Stunden bangen Wartens. „Ich bin frei, und es gibt keine rechtlichen Folgen für mich“, schrieb der erleichterte Regenbogen-Flitzer Mario Ferri nach einer Nacht in katarischem Gewahrsam bei Instagram. „Ich danke allen für die Botschaften, die mich aus der ganzen Welt, dem Iran und der Ukraine erreicht haben.“
Ferri, in seiner Heimat Italien als Flitzer, politischer Aktivist und sogar Profi-Fußballer ein kleiner Star, war beim WM-Spiel zwischen Portugal und Uruguay weltberühmt geworden. Mit einer Regenbogenfahne in der Hand und politischen Slogans für die Ukraine und zur Unterstützung der iranischen Frauen auf dem Shirt lief er etwa 30 Sekunden lang über den Rasen, ehe er von Ordnern abgeführt wurde.
Foto: Odd Andersen / AFP
„Wir alle haben seine Botschaft verstanden, die ganze Welt hat sie verstanden“, sagte Portugals Nationalspieler Ruben Neves nach der Partie: „Ich hoffe, dem Jungen passiert nichts.“ Die Hoffnung erfüllte sich - wohl auch, weil das italienische Außenministerium und die italienische Botschaft in Doha den Fall verfolgten.
Ferri nahm am Dienstag noch einmal Stellung zu seiner Aktion:
„Die Welt muss sich verändern. Wir können es gemeinsam mit starken Gesten tun, die von Herzen kommen, mit Mut. Die Regeln zu brechen, wenn du es für einen guten Zweck tust, ist nie ein Verbrechen.“
Der Fall zeigt auch, dass Mut und Waghalsigkeit eben nicht immer Strafen nach sich ziehen. Und was war das für ein starkes Zeichen y- vor allem im Vergleich zu all den Verbänden und Spielern, die Protest in Katar nur wagen wollen, wenn es keine ernsten Folgen zu fürchten gibt. „Gratismut" ist schon jetzt einer der Begriffe, die eng mit der WM 2022 verbunden bleiben werden. Ferri dagegen ging volles Risiko.
Nicht sein erster Stunt für Menschenrechte
Mut kann dem 35-Jährigen, der in seiner Heimat als „Der Falke“ bekannt ist, wahrlich nicht abgesprochen werden: 2010 war Ferri in Abu Dhabi verhaftet worden, als er beim Finale der Klub-WM den Rasen stürmte - mit der Botschaft „Free Sakineh“ auf dem Shirt, in Anlehnung an eine iranische Frau, der die Todesstrafe durch Steinigung drohte. Doch Ferri ist mehr als ein Serienflitzer: Als Fußballer lief er für SP Tre Fiori aus San Marino in der Qualifikation zur Conference League auf, auch beim indischen Zweitligisten United Sports Club stand er unter Vertrag. Als im Frühjahr der Ukraine-Krieg ausbrach, kehrte er nach Europa zurück und half Frauen und Kindern bei der Flucht.
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Zurücklehnen ist eben nichts für Mario Ferri, den Falken. Schon gar nicht in einem Fußball-Stadion. Doch mit dem Flitzen soll nun erst einmal Schluss sein. „Ich werde meinen Auftritt ‚The Last Dance‘ nennen“, schrieb er: „Das war mein letzter Lauf auf einem Spielfeld.“
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