Biologen haben einer neu entdeckten Ameisenart aus Ecuador als Tribut an die nicht-binäre Community einen Namen gegeben, der mit „they“ endet – anstatt mit einer der traditionellen geschlechtsspezifischen lateinischen Suffixe. They, them, their etabliert sich im englischen Sprachgebrauch immer mehr als genderneutrales Pronomen für die nicht-binäre Community. Die Ameise, benannt nach der Pop-Art-Ikone Jeremy Ayers, dürfte nun die erste Art sein, die einen geschlechtsneutralen Namen hat.
Viele neue Tierspezies werden von ihren Entdecker*innen traditionell oft nach Personen benannt – zum Beispiel Prominenten, Menschen, die den Forscher*innen nahe stehen oder Expert*innen der Artenforschung. In diesem System gibt es nur zwei Geschlechter, also zwei Suffixe: '-ae' steht für Frauen, '-i' für Männer. Bis jetzt. Die Strumigenys ayersthey ist laut der wissenschaftlichen Fachzeitschrift New Scientist die weltweit erste Art, die ein geschlechtsneutrales Suffix hat.
Die Miniatur-Fallenkieferameise wurde 2018 in der Reserva Río Canandé im Nordwesten Ecuadors durch Philipp Hoenle von der Technischen Universität Darmstadt, entdeckt. Hoenle kontaktierte daraufhin den taxonomischen Experten Douglas Booher von der Yale University, der bestätigte, dass es sich um eine völlig neue Art handelte. 2019 versuchten sie, die Ameise in Ecuador wiederzufinden. Doch unter den Tausenden gesammelten Exemplaren fand sich kein weiteres Tier der Art, die deshalb als selten und möglicherweise bedroht eingeschätzt wird.
Feiern der biologischen Vielfalt
Strumigenys, so schreiben die beiden in ihrer Arbeit, sind „eine der vielfältigsten Ameisengattungen der Welt und wohl auch die morphologisch vielfältigste, die eine außergewöhnliche Bandbreite an Unterkieferformen und -funktionen aufweist“. Laut Booher gibt es 853 Arten in der Gattung Strumigenys, aber die neue Ameise war sofort als einzigartig identifizierbar und entschied sich sehr von allen anderen Ameisen der Gattung.
„Es war also eine besondere Ameise und ich habe auf so etwas gewartet, um die Geschlechtervielfalt und die biologische Vielfalt zu repräsentieren.“
Das Team, das die Ameise entdeckte, schrieb in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift ZooKeys:
„'They' erkennt nicht-binäre Geschlechtsidentifikatoren an, um die jüngste Entwicklung im englischen Pronomengebrauch - 'they, them, their' - zu reflektieren und ein inklusiveres und umfassenderes Verständnis von Geschlechtsidentifikation anzusprechen.“
Namensinitiator Boohers sagte, er habe die Ameise mit einem Namen feiern wollen, der die gesamte biologische Vielfalt zelebriert – was auch die Vielfalt unter den Individuen einschließe, inklusive des Geschlechts. In Zukunft könne und solle „they“ als Suffix für neue Arten verwendet werden – um jene zu ehren, die außerhalb des binären Geschlechts identifiziert werden wollten.
In Gedenken an eine Pop-Art-Ikone
Als Booher erkannte, dass es sich um eine neue Gattung der Strumigenys handelte, beschloss er, die Ameise nach seinem Freund Jeremy Ayers zu benennen, einem Künstler und Menschenrechtsaktivisten, der mit Andy Warhol zusammenarbeitete und eine der Musen der Pop-Art-Legende war.
Ayers war in den 1970er Jahren unter dem Pseudonym Silva Thinn ein Protegé von Andy Warhol. Er starb im Jahr 2016. In den späten 1970er Jahren gründete Ayers eine Künstlergemeinschaft im US-Bundesstaat Georgia, aus der beliebte Bands wie die Rockband REM und die B-52s hervorgingen, wie YaleNews berichtet. Tatsächlich entstand die etymologische Hommage aus Diskussionen, die Booher mit REM-Sänger Michael Stipe führte, der das Papier mitverfasste und den etymologischen Teil des Papiers beisteuerte, in dem die neue Art beschrieben wird.
Foto: Mark Trammell / Flickr/ CC BY-NC 2.0
Michael Stipe
Michael Stipe, Sänger der 2011 aufgelösten Rockband REM, bezeichnet sich als „queer artist“. Wenngleich diverse Medien ein Interview des Künstlers im Jahr 2008 als Coming-out als schwul werteten, distanzierte sich Stipe von dieser Interpretation. - Foto: Mark Trammell / Flickr Lizenz CC BY-NC 2.0
Gegenüber der MailOnline sagte der Forscher, er könne sich keine andere Person vorstellen, die mehr von der Natur und der Sprache fasziniert war als Ayers, daher würde diese Ehrung perfekt zu seinem Andenken und seinem Vermächtnis passen:
„Im Geiste von Jeremy - der sich selbst vor einer Ehrung gescheut hätte - bieten wir bei der Verwendung von Personennamen ein neues Suffix für neue Artnamen an.“