Die Arbeitswelt spielt eine entscheidende Rolle für das persönliche und berufliche Wohlbefinden der Beschäftigten. Für queere Menschen bringt die Frage der Offenheit im Beruf und die damit verbundenen Diskriminierungserfahrungen besondere Herausforderungen mit sich. Ein Bericht des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) liefert umfassende Einblicke in die Erfahrungen von LGBTIQ*-Personen in Deutschland.
Akzeptanz und Vorurteile
Viele LGBTIQ*-Personen zögern, sich am Arbeitsplatz zu outen. Eine Studie von 2024 ergab, dass nur 46 % der lesbischen Frauen am Arbeitsplatz offen über ihre sexuelle Orientierung sprechen, während 40 % ihre Identität nur auf Nachfrage bestätigen. Diese Zurückhaltung zeigt die weitverbreitete Angst vor negativen Reaktionen und Benachteiligungen.
Diskriminierung am Arbeitsplatz ist für viele queere Personen eine alltägliche Realität. Über die Hälfte hat laut einer YouGov-Umfrage Diskriminierungen erlebt, die von verbalen Übergriffen und sexistischen Kommentaren bis hin zu systematischer Benachteiligung bei Beförderungen und Gehaltszahlungen reichen. Beispielsweise berichteten 31 % der befragten lesbischen Frauen von Benachteiligungen bei Beförderungen und 22 % von ungleichen Löhnen.
Die Akzeptanz von LGBTIQ*-Kolleg*innen variiert erheblich. Eine repräsentative Umfrage zeigt, dass 80 % der Befragten homo- und bisexuelle Kolleg*innen als unproblematisch betrachten, während dies nur für 72 % bei trans* Kolleg*innen gilt. Diese Zahlen machen deutlich, dass trotz allgemeiner Toleranz Vorbehalte insbesondere gegenüber trans* Personen bestehen bleiben, die der Bereitschaft zur Veränderung im Weg stehen.
Karrierechancen
Ein weiteres Zeichen für bestehende Ungerechtigkeiten zeigt sich in den Gehaltsunterschieden. Lesbische Frauen verdienen durchschnittlich 11 % weniger als heterosexuelle Frauen, während schwule Männer im Durchschnitt 5 % weniger als heterosexuelle Männer verdienen. Diese Gehaltsunterschiede haben langfristig negative Auswirkungen auf das finanzielle Wohl und die Rentenansprüche der Betroffenen.
Trotz hoher Bildungsabschlüsse haben LGBTIQ*-Personen oft schlechtere Aufstiegschancen. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2020 zeigt, dass LGBTIQ*-Personen zwar häufig besser ausgebildet sind als ihre heterosexuellen Kollegen, dennoch oft Diskriminierung erfahren und seltener in Führungspositionen vertreten sind. Diese Ungleichbehandlung beginnt oft bereits bei der Bewerbung.
Die Bewerbungsprozesse stellen für viele LGBTIQ*-Personen eine große Herausforderung dar. Eine Untersuchung von 2021 ergab, dass lesbische Bewerberinnen fast ein Drittel weniger positive Rückmeldungen auf ihre Bewerbungen erhielten als heterosexuelle Frauen. Diese Diskriminierung gleich zu Beginn der Karriere beeinflusst die langfristigen beruflichen Möglichkeiten und führt zu einem Teufelskreis aus Benachteiligung und reduzierten Aufstiegschancen.
Unternehmen können eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Diskriminierung und zur Förderung von Offenheit spielen. Diversity-Strategien und Antidiskriminierungsrichtlinien sind wesentliche Maßnahmen, um eine inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und die Anerkennung von „divers“ als drittem Geschlechtseintrag sind bedeutende Fortschritte, doch es bedarf weiterer Anstrengungen, um vollständige Chancengleichheit zu erreichen. Quelle: LSVD