Die METRO AG ist mit 150.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 36 Milliarden Euro einer der weltweit größten Player im Großhandel. Welchen Stellenwert hat Diversity im Unternehmen und wie wird das in Ländern wie Russland praktiziert? Danach fragten wir Personalvorstand Heiko Hutmacher sowie Maebh O'Flaherty und Nikita Baranov vom queeren Mitarbeiternetzwerk MPride.
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Personalvorstand der METRO AG, Heiko Hutmacher (Mitte)
Seit wann ist Diversity bei der Metro AG allgemein ein Thema, seit wann speziell LGBTIQ*?
Heiko Hutmacher: Ein offener und einschließender Führungsstil, idealerweise mit einem sehr vielfältigen Team, ist nicht nur die Grundvoraussetzung für gutes Diversity Management, sondern natürlich auch für allgemein gutes Management von allen Mitarbeitern. Daher steht Diversity bei uns ganz oben auf der Agenda. Ob es um die vielfältige Belegschaft auf allen Ebenen des Konzerns geht, um Frauen in Führungspositionen, das Thema Inklusion in allen anderen Facetten oder Mitarbeiternetzwerke: Wir fördern und unterstützen unsere Mitarbeiter, wo wir können. Denn wir müssen eine Kultur fördern, in der jeder Mitarbeiter die besten Bedingungen vorfindet, um so gut und so engagiert wie möglich arbeiten zu können.
Das Thema LGBT+ ist in unserem Businesskontext – und damit meine ich den deutschen generell – noch etwas unterrepräsentiert, bekommt aber mehr und mehr Aufmerksamkeit. Es liegt uns sehr am Herzen, weil es die LGBT+ Community oft besonders schwer hat. Die Gründung unseres METRO-eigenen LGBT+ Netzwerkes „MPride“ haben wir zusammen mit einem kleinen Team aus dieser Community angestoßen. In einem Mitarbeiterseminar 2014 wurde das Thema sexuelle Orientierung angesprochen und offen gefragt, an wen sich Mitarbeiter wenden könnten, wenn sie Fragen zum Thema LGBT+ hätten. Teilnehmer des Seminars fühlten sich zum Glück ermutigt und angesprochen und setzten den Impuls in konkrete Handlung um. Das Netzwerk MPride entstand. Um auf das Thema mehr Aufmerksamkeit zu lenken, entwickelten die Kollegen das Botschafter-System für MPride. Mit dem Vorstand als Sponsor, Pate und auch Botschafter der Community konnte das Team von MPride das Thema ins Unternehmen weitertragen. Unser Global Director Veronika Pountcheva hat mit ihrem Team hier tolle Arbeit geleistet und durch Vernetzungen mit weiteren externen Partnern wie LEAD und durch die interne Vernetzung mit unseren Führungskräften für sehr viel Aufmerksamkeit für MPride gesorgt. Unsere Führungskräfte engagieren sich stark, denn man muss nicht zu LGBT+ gehören, um das Netzwerk zu unterstützen.
Was erhoffen Sie sich aus Sicht der Unternehmensleitung und welche speziellen Maßnahmen haben Sie auf den Weg gebracht?
Heiko Hutmacher: Diversity ist für unseren wirtschaftlichen Erfolg und unsere Leistung essenziell. Unser Ziel ist, dass unsere Mitarbeiter sich einbringen und ihre unterschiedlichen Erfahrungen und Blickwinkel in ihre Arbeit und Projekte einfließen. Denn je vielfältiger ein Team ist, desto vielfältiger sind auch die Lösungen, die es hervorbringt. Das wiederum ist entscheidend für einen nachhaltigen Erfolg. Neben unserem LGBT+ Netzwerk „MPride“ unterstützen wir auch das Netzwerk „Women in Trade“ (WiT), das ebenfalls von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Leben gerufen wurde. Unsere Kollegen sind auch bei PROUT AT WORK aktiv und im LEAD-Netzwerk, um Wissen zu teilen, von und mit anderen zu lernen und für das Thema Diversity eine Sichtbarkeit auch außerhalb der METRO zu schaffen. Außerdem haben wir in 2018 ein „Women in Leadership“-Programm entwickelt und pilotiert, um unsere weiblichen Talente noch besser zu fördern. Einen gewissen internen Druck haben wir als Vorstand selbst erzeugt, indem wir uns freiwillig Quoten bis 2022 gegeben haben. Um diese zu erfüllen, und auch, um unsere eigene Talentpipeline noch besser aufzubauen, wird das Programm „Women in Leadership“ 2019 mehrfach angeboten. Wir sind immer in Bewegung, entwickeln neue Programme, wenn wir merken, dass es keine passenden für unsere Bedürfnisse gibt, und sind mit unseren Mitarbeitern im Gespräch. Impulse entstehen immer aus beiden Richtungen. Und aus den Impulsen entstehen die besten Ideen.
Gab es dabei Meilensteine, auf die Sie bis heute besonders stolz sind?
Heiko Hutmacher: Ich bin natürlich stolz auf unsere Kollegen. Dass wir in unserem Unternehmen Mitarbeiterinitiativen wie MPride und WiT haben. Deswegen unterstützen wir als Vorstand diese tatkräftig. Was uns stolz macht, ist, dass wir als einer der ersten Großhändler den United Nations „Free & Equal standard of conduct for business“ unterzeichnet haben. Der UN Conduct stellt sicher, dass alle Mitarbeiter „frei und gleich“ sind und keinerlei Diskriminierung erfahren – weder im eigenen Unternehmen noch in verbundenen Gemeinschaften oder bei Zulieferern. Die Unterzeichnung haben wir mit unseren Mitarbeitern auch auf dem Campus mit einem Regenbogenflashmob gefeiert. Ein Treffen mit dem MPride-Netzwerk ist fester Bestandteil unserer Einarbeitungsprogramme, sowohl für Mitarbeiter als auch für Führungskräfte. Denn klar ist: Nur, wer unsere Mitarbeiternetzwerke kennt, kann sich für sie einsetzen und ihre Themen nach intern und extern weitertragen. Ein weiterer wichtiger Baustein ist, dass wir unser Engagement auch nach draußen tragen und dieses Jahr zum Beispiel gezielt auf der größten europäischen LGBT+ Karrieremesse Sticks & Stones vertreten waren.
Gelten die oben genannten Diversity-Grundsätze konzernweit oder sind sie auf „westlich“ orientierte Länder beschränkt?
Heiko Hutmacher: Die Grundsätze gelten konzernweit, ohne Beschränkung, und werden von unserem Team im lokalen Umfeld umgesetzt – insofern kennt unser Diversity-Ansatz keine Ländergrenzen.
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Maebh O'Flaherty und Nikita Baranov vom queeren Mitarbeiternetzwerk der METRO AG, MPride.
Wie sieht es speziell in Russland aus, wo öffentliche Sichtbarkeit von Homosexualität sanktioniert wird?
Maebh O'Flaherty und Nikita Baranov: In unserem Netzwerk stellen wir natürlich fest, dass die Kollegen mit unterschiedlichen Gegebenheiten zu tun haben. In einigen Ländern hat es die LGBT+ Community noch sehr viel schwerer. Wir sind hier als Netzwerk MPride Sparringspartner für unsere Kollegen, unterstützen, wo wir können. Nicht jede Idee ist übertragbar. Aber ein Austausch hilft ganz oft. So entstehen gemeinsam im Netzwerk gute Ideen, die uns als Gemeinschaft weiterbringen.
Welche konkreten Projekte planen Sie in Russland in diesem Bereich?
Maebh O'Flaherty und Nikita Baranov: Im Oktober 2018 haben verschiedene Unternehmen zu einem Executive Roundtable in Russland eingeladen. Teilnehmer sind neben großen Konzernen wie IBM, Sodexo oder SAP auch internationale NGOs wie Workplace Pride, die sich schon seit über zehn Jahren für die LGBT+ Community einsetzt, und lokale LGBT+ Organisationen. Unser MPride-Netzwerk steht in Kontakt zu den Veranstaltern – also war klar, dass wir bzw. METRO unterstützen. Wir haben uns mit den Kollegen von METRO Russland in Verbindung gesetzt und vorgeschlagen, dass METRO Russland an dieser Initiative teilnimmt.
Erhoffen Sie sich eine Signalwirkung auf andere Unternehmen und eventuell sogar die Gesellschaft?
Maebh O'Flaherty und Nikita Baranov: Natürlich! Genau deswegen sind wir so engagiert dabei! Allein schon eine Aufmerksamkeit auf das Thema LGBT+ zu lenken, unsere Kolleginnen und Kollegen in den Dialog zu bringen, das hat Auswirkung. Und was im eigenen Unternehmen anfängt und sich dann über Netzwerke in weitere Unternehmen trägt, das hat auf jeden Fall gesellschaftlichen Einfluss. Wir sind überzeugt, dass ein Zusammenschluss sehr viel bewirken kann. Partner wie NGOs stärken uns – und wir stärken sie durch unser Engagement. Steter Tropfen höhlt den Stein – wir sind der Meinung, dass wir noch viel mehr Engagement bündeln sollten, um noch mehr zu erreichen.