Eine Internetabstimmung der Queer-Aktivisten von ENOUGH is ENOUGH hat im dritten Jahr in Folge die Preisträger des „Miss*ter Homophobia" gekürt. Gewonnen haben mit Alice Weidel und David Berger erstmals zwei Homosexuelle. Warum das folgerichtig ist.
Es ist ein gerne vorgeschobenes Argument in Diskussionen über gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Jeder hat von Homophoben oder Rassisten schon den Satz gehört: „Ich habe doch farbige/schwule Freunde, also kann ich nicht rassistisch/homophob sein!" Genauso werden Angehörige von Minderheiten gerne als Galionsfigur genutzt, um von der Hetze gegen diese Minderheit abzulenken. Mit den beiden Preisträgern hat die queerpolitische Anhängerschaft von ENOUGH is ENOUGH so auch zwei Paradebeispiele aufs Podest gehoben, die jeweils für sich und in wechselseitiger Verbundenheit den Kampf gegen eine selbstbestimmte und freie Gesellschaft kämpfen.
Alice Weidel – Ich mach mir die Welt ...
Grafik: www.ausgezeichnet.com
Ein Riesen-Dankeschön geht an Bernd Ertl für die spontane Karikatur der Dame mit Wohnsitz auf dem Schweizer-Käsethron: „Ich finde, Alice Weidel verdient auf alle Fälle eine adäquate Abbildung, deshalb wollte ich hier gerne mithelfen.” Für den „Mister Homophobia” hat sich noch niemand gefunden, der ihn darstellen möchte. Wer Lust hat, der meldet sich bitte an presse@enough-is-enough.eu.
Frau Weidel, zurzeit Fraktionscovorsitzende der AfD im Bundestag, ist lesbisch, lebt in einer eingetragenen Partnerschaft mit einer aus Sri Lanka stammenden Schweizerin und zwei Kindern und lies sich von einer syrischen „Freundin" das Haus putzen. Dieses Lebenskonzept trifft in ihrer beruflichen Beschäftigung auf eine Partei, die die Ehe für Homosexuelle gerne wieder abschaffen würde, die das Adoptionsrecht für Lesben und Schwule ablehnt, die Aufklärung an Schulen über das Lebensmodell ihrer Fraktionschefin als Genderideologie diskreditiert und verhindern möchte.
Die AfD will Aufklärungs- und Selbsthilfeprojekten die staatliche Unterstützung entziehen und bestreitet, dass es Homophobie überhaupt gäbe. Für Alice Weidel kein Problem, denn immerhin eint ja ein gemeinsamer Feind: der Islam. So gibt es zwar nicht im geringsten die Gefahr, dass sich in Deutschland irgendwann einmal das islamische Strafrecht Scharia gegen Grundgesetz und Bürgerliches Gesetzbuch durchsetzen kann, aber trotzdem spielt Weidel munter mit bei der Verbreitung von Angst- und Schreckensmeldungen über homophobe Angriffe durch Muslime gegen Homo- und Transsexuelle.
Sie bezeichnet ihre Partei so auch als „einzige Schutzmacht" für Homosexuelle, als wäre Gewalt durch Ausländer das einzige Problem im vermeintlichen Homoparadies Deutschland. Homophob ist Alice Weidel höchstwahrscheinlich nicht, aber solange ihr persönlicher Wohlfühlbereich nicht betroffen ist, hat sie kein Problem damit, als Feigenblatt für homophobe Politik herzuhalten.
Mehr zu Alice Weidel und der Homophobie der AfD hier!
David Berger – Wenn internalisierter Selbsthass sich seinen Weg bahnt ...
Foto: Screenshot Facebook
David Berger
„Freiheit statt Islamismus und Zensur“ war eine CDU-Veranstaltung mit David Berger, die den Eindruck vermitteln sollte, beim schwulen Referenten handele es sich um einen Islam-Experten und Kämpfer für die Meinungs- und Pressefreiheit. Das Gegenteil ist der Fall, wie unser Autor Wolfgang Brosche darstellt: Hier den Bericht lesen.
Dreißig Jahre lang machte Berger in der katholischen Kirche Karriere – ging schon damals über Leichen und galt als reaktionärer als es vielen in der Kirche recht war. Als sein Coming-out ihn seine Jobs in Schule (Religionslehrer) und Kirche (päpstliche Glaubenskongreation) kostete, kübelte er eimerweise Halbseidenes und Überspitztes über „seine" Glaubensbrüder aus und machte sich so schnell bei liberalen Kirchenkritikern der queeren Szene beliebt. Diese war ihm, der 30 Jahre lang seine Partnerschaft mit einem Mann und ein freies Sexualleben in der Szene verstecken musste, aber wohl zu queer, denn schon in den letzten Monaten seiner Tätigkeit für die Zeitschrift Männer versuchte er sich darin, Aidshilfen als linke Gesinnungsvereine und „schrille" Schwule als unmännlich zu diskreditieren. Was er bis gerade noch vertreten hatte („Schutz durch Therapie"), wird plötzlich als schmutzig und abzulehnen dargestellt – ehemalige Weggefährten wie der grüne Politiker Volker Beck werden zu drogenabhängigen Pädophilenfreunden umgeschrieben.
In der Berliner Szene weiß man sehr genau um die Bigotterie, die Berger an den Tag legt, wenn er einerseits in Artikeln Sexpartyteilnehmer verteufelt und sich und seinen Partner als treues Homopaar darstellt, aber gleichzeitig selbst gern gesehener Gast so manch eindeutigen Etablissements gewesen ist und sich nur allzugerne mit sehr jungen Hausfreunden präsentiert.* Anders als Alice Weidel kann man Berger durchaus eine sogenannten internalisierte, also verinnerlichte Homophobie unterstellen. Alles, was er in diesen Themenfeldern nach außen kritisiert ist negatives Abziehbild offenbar ungelöster innerer Konflikte, die der Lebensweg eines solchen schwulen Versteckspielers fast unumgänglich mit sich bringt. Eine Entschuldigung für die immer hasserfülltere und zerstörerische Hetze in seinen Blogs ist das allerdings nicht, denn Homophobie ist heilbar.
Mehr zu David Berger und seinen Beweggründen hier!
Diskriminierung innerhalb der Szene
Alice Weidel und David Berger sind ein gelungenes Pärchen negativer Rollenvorbilder – die Preisverleihung ein guter Aufhänger, um die Diskussion um „Diskriminierung innerhalb der Community" auf eine breitere öffentliche Basis zu stellen.
Foto: www.facebook.com/aliceweidel/
David Berger und Alice Weidel
Man kennt sich, man vernetzt sich. Alice Weidel und David Berger bei einer Veranstaltung der rechtsextremen Zeitschrift Junge Freiheit.
Was ist es, das schwule Männer dazu bringt, ihresgleichen als Perverse zu bezeichnen, sie in die Nähe von Pädophilie zu stellen oder einerseits homophobe Übergriffe durch Nichtdeutsche wie eine Popanz vor sich herzutragen, jegliche deutsche Homophobie aber relativierend kleinzureden versuchen? Was bringt junge Homosexuelle dazu, sich gegen öffentliche Sichtbarkeit von Lesben, Bisexuellen, Transsexuellen und Schwulen zu positionieren?
Eine Antwort: Der Hass auf sich selbst und alles andere, wie ihn die beiden Preisträger*innen vorbildlich propagieren.
Mehr zur Preisverleihung hier!
*Da getroffene Hunde ja besonders laut bellen, eine Klarstellung: Jedem sei ein unbeschwertes und ausschweifendes Sexleben gegönnt. Ich selber wäre als sehr aktiver Nutzer der Berliner Szene der letzte, der das kritisieren würde. David Berger dagegen fuhr bereits Kampagnen gegen HIV-Aktivisten, die sich für neue Präventionsmethoden einsetzten und ließ seine Follower übelste Diskreditierung homosexuellen Lebens von sich geben.