Dramatische Gerüchte: Laut einer Zeitung und mehrerer Einträge in sozialen Netzwerken läuft in der autonomen russischen Kaukasusrepublik Tschetschenien eine großangelegte Verhaftungs- und Folterwelle. Über 100 Schwule seien festgenommen und mindestens drei getötet worden.
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Tschetschenien
Das traditionelle tschetschenische Nationalkostüm, der Tscherkessenrock. "Nichtraditionelle Beziehungen" sollte man in dem Land tunlichst verheimlichen.Foto: DigiAutor85 - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, Link
Die Nowaya Gaseta behauptet, dass die Verhaftungswelle bereits in der vergangenen Woche begonnen habe und mehrere Quellen im tschetschenischen Außenministerium, bei der Regierung, den örtlichen Geheimdiensten, der Staatsanwaltschaft und LGBT-Aktivisten sie bestätigen. Demnach würde die Polizei in der Hauptstadt Grosny und anderen Städten des Landes gezielt Schwule suchen und verschleppen. Es sei zu Folterungen gekommen bei denen mindestens drei Männer ermordet worden seien. Zwei bekannte Fernsehmoderatoren und religiöse Würdenträger seien unter den Verhafteten. Homosexuelle löschten zurzeit ihre Profile in sozialen Netzwerken oder versuchten das Land zu verlassen, so weitere, bisher nicht bestätigte Quellen.
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Tschetschenien
Die Hauptstadt Grosny - der moderne Schein trügt. Die tschtschenische Gesellschaft ist stark durch mittelalterliche Stammesbräuche geprägt. Foto: Салман, CC BY-SA 3.0, Link
Regierungssprecher Alwi Karimow bezeichnete den Bericht als Lüge. Seine Begründung macht aber wenig Hoffnung, ruft er doch selbst indirekt zum Lynchmord an Schwulen auf:
"Man kann niemanden verhaften oder unterdrücken, den es in der Republik gar nicht gibt.. Würden solche Leute in Tschetschenien existieren, müssten die Sicherheitsbehörden sich gar nicht um sie kümmern, da ihre Verwandten sie selbst an einen Ort schicken würden, von dem sie nicht zurückkehren."
In Deutschland forderte der Grünenpolitiker Volker Beck die Bundesregierung zum sofortigen Handeln auf:
"Die Bundesregierung muss Verfolgten eine Aufnahme nach § 22, 23 AufenthG anbieten. Die Bundesregierung sollte russische bzw. tschetschenische Menschenrechtsorganisationen kontaktieren und bei der Rettung von Verfolgten helfen und sie ggf. auch finanziell unterstützen.Gegenüber russischen und tschetschenischen Stellen sollte die Bundesregierung ihre Besorgnis über diese Entwicklung deutlich zum Ausdruck bringen. "
Das mehrheitlich muslimische Tschetschenien ist autokratisch geführt und als russische Teilrepublik nach zwei Kriegen auf striktem Putin-Kurs.