Alice Weidel (45) soll die Blaunen im Bundestagswahlkampf anführen. Nur weil sie mit einer Frau zusammenlebt, macht das die AfD aber nicht plötzlich queerfreundlich. Ganz im Gegenteil.
Weidel – die Frau mit dem eiskalten Blick und der scharfen Zunge
Sie steht für eine Partei, die Homo-, Trans*- und Inter-Menschen seit Jahren verhöhnt, bekämpft und an den Rand drängt. Während sie privat in einer lesbischen Partnerschaft mit zwei Kindern lebt, hetzt ihre Partei öffentlich gegen „Gender-Wahn“, will Regenbogenfamilien die Legitimation absprechen und das traditionelle Familienbild zementieren.
Foto: Tobias Schwarz / AFP
Alice Weidel
Fakt ist: Hinter der Fassade einer „modernen“ Spitzenfrau verbirgt sich knallharter Nationalismus. Weidels AfD fordert den EU-Austritt Deutschlands, will Asylsuchende gnadenlos abwimmeln, das Abtreibungsrecht einschränken und die Gesellschaft zurück in längst überwunden geglaubte Rollenbilder prügeln. In der Bundestagsdebatte schimpft Weidel über „Messermänner“ und „Kopftuchmädchen“, befeuert rassistische und fremdenfeindliche Stimmung. Und das alles in einer Partei, die dafür bekannt ist, Homo- und Transfeindlichkeit offen auszuleben. Bis in das hohe Haus unserer Demokratie, wo Beatrice von Storch die trans Politikerin Tessa Ganserer (Grüne) aufs abscheulichste diffamiert. Immer und immer wieder. Ganserer entschied erst kürzlich, dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören zu wollen, weil ihr die Anfeindungen zu viel werden.
Für queere Menschen ist Weidels Kandidatur der blanke Hohn. Ein Feigenblatt, um die AfD als „vielfältig“ zu verkaufen, während sie aktiv daran arbeitet, Vielfalt zu zerstören.
Wie viel Selbstverleugnung braucht es, um als lesbische Frau an der Spitze der AfD zu stehen? Die Antwort geben Psychologie und Politikwissenschaft.
Im Kern „eine Opportunistin“
Als Frau in einer von Männern dominierten Partei ist Weidel eine Ausnahmeerscheinung. Weidels Aufstieg in der AfD zur Partei- und Fraktionschefin sei „auf den ersten Blick schon verwunderlich", sagt die Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze von der Universität Trier gegenüber AFP.
„Sie hat als westdeutsche Frau, auch als homosexuelle Frau, einige Probleme, das mit der Ideologie ihrer Partei in Verbindung zu bringen."
Im Kern sei Weidel „eine Opportunistin", urteilt Heinze.
„Sie versucht, von dem Thema Homosexualität wegzulenken. Wenn sie darauf angesprochen wird, versucht sie, es sehr stark in Richtung Anti-Gender und pro christlich-konservative Werte zu drehen."
Die AfD bleibt – trotz Weidels Privatleben – eine Partei, die queeren Menschen schadet. Außer, wenn sie Muslime bzw. Ausländer diskreditieren will. Dann kommen Opfer queerfeindlicher Gewalt als nützliche Idioten gerade recht. Ihr Kanzlerkandidatinnen-Coup ist reines politisches Kalkül. Augen auf, liebe Community!
*Christian Knuth