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Nancy Faeser
Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) schlägt Alarm: Das Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete afghanische LGBTIQ*-Personen steht vor dem Aus. Die Bundesregierung plant eine drastische Kürzung des Budgets für das Jahr 2025, die das Ende des Programms bedeuten könnte.
Laut Kabinettsentwurf soll der Etat des Bundesinnenministeriums für das Programm auf nur 13 % des bisherigen Budgets reduziert werden. Dies würde die bisherigen humanitären Aufnahmeprogramme empfindlich treffen und gefährdete Personen in eine unsichere Zukunft schicken.
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Jörg Hutter
Jörg Hutter vom Bundesvorstand des LSVD äußert sich besorgt:
„Seit Anfang 2022 arbeiten wir intensiv daran, LSBTIQ*-Personen aus Afghanistan vor der Verfolgung durch die Taliban zu retten. Das Bundesaufnahmeprogramm darf jetzt nicht enden, sondern muss weitergeführt werden!“
Die Bedrohungslage für LGBTIQ* in Afghanistan ist extrem hoch: Sie zählen zu den am stärksten verfolgten Gruppen im Land. Die Taliban praktizieren systematische Gewalt, Folter und Hinrichtungen. Viele Betroffene werden von ihren eigenen Familien verstoßen oder sogar ermordet. Es gibt Berichte über spezielle Gefängnisse für Queers und exzessive Anwendung von Folter.
Bisherige Erfolge und Herausforderungen: Seit dem Start des Bundesaufnahmeprogramms im Oktober 2022 wurden mehrere hundert Personen registriert und eine zweistellige Anzahl nach Deutschland ausgeflogen. Trotz dieser Erfolge sind die Aufnahmezahlen bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Von den geplanten 1.000 monatlichen Aufnahmen wurden bis Mitte Juli 2024 erst 533 Personen in Deutschland aufgenommen.
Der LSVD fordert:
- Weiterführung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan bis zum Ende der Legislaturperiode und ausreichende Finanzierung, um die geplanten humanitären Aufnahmen umsetzen zu können.
- Realisierung des Ziels von bis zu 1.000 Aufnahmen pro Monat und Beschleunigung des Verfahrens in allen Phasen.
Die humanitäre Krise verschärft sich: In Islamabad, Pakistan, warten derzeit über 3.700 Personen im Aufnahmeverfahren, weitere 15.000 haben bereits Kontakt zur Bundesregierung aufgenommen. Die geplanten Kürzungen würden für sie eine ungewisse und gefährliche Zukunft bedeuten.
Ein breites Bündnis fordert Handeln: Organisationen wie Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und PRO ASYL haben ein gemeinsames Statement veröffentlicht und fordern die Bundesregierung auf, das Programm weiterzuführen und die gefährdeten Menschen zu schützen.
Hintergrund:
Das Bundesaufnahmeprogramm, gestartet im Oktober 2022, ist ein wichtiges Menschenrechtsinstrument für besonders gefährdete Afghan*innen. Es zielt darauf ab, Personen aufzunehmen, die aufgrund ihres Einsatzes für Menschenrechte, ihrer beruflichen Tätigkeiten oder ihrer Geschlechtsidentität besonders gefährdet sind. Der Koalitionsvertrag von 2021 hatte die Verstärkung solcher humanitärer Programme angekündigt. Nun muss die Bundesregierung ihren Versprechen Taten folgen lassen.