Das Bundesverfassungsgericht hatte die Klage Vanjas* im vergangenen Jahr positiv beschieden: Der Gesetzgeber ist verpflichtet, für die juristische Geschlechtereintragung eine dritte Option zu schaffen. Die Regierung legte dazu heute ihren Entwurf vor.
Der Erfolg
In Zukunft wird es in Deutschland einen dritten Personenstand geben. Entgegen des ursprünglich geplanten und umstrittenen Begriffs „weiteres“, den Horst Seehofers Innenministerium favorisierte, konnte sich wohl Justizministerin Katarina Barley (SPD) durchsetzen. Die dritte Option beim Personenstand wird „divers“ heißen. Ebenfalls positiv ist laut Bundesvereinigung Trans* e.V. (BVT*), dass der Entwurf eine „Kann-“ und keine „Ist“- Regelung ist. „Das ist wichtig: denn damit besteht die Möglichkeit Kinder bei der Geburt als „divers“ einzutragen, es besteht aber auch die Möglichkeit sie als „männlich“ oder „weiblich“ einzutragen,“ so BVT*.
Die Kritik
Leider bleibt der Gesetzentwurf weit hinter den Erwartungen von Aktivist*innen Menschenrechtler*innen zurück. So wird weiterhin ein medizinisches Gutachten für die Änderung des Personenstandes notwendig bleiben – hier hatte man auf den gesunden Menschenverstand gehofft, der einem eigentlich sagt, dass über die geschlechtliche Identität am besten der/die Betroffene selbst entscheiden bzw. Auskunft geben kann.
Sven Lehmann MdB, Sprecher für Queerpolitik bei den Grünen, und Monika Lazar MdB fassen zusammen:
„Wieso sollte man bei der Änderung des Personenstandes ein ärztliches Attest vorlegen? Das muss eine selbstbestimmte Entscheidung werden, die allen offen steht. Wieso gibt es auch weiterhin geschlechtszuweisende Operationen und Hormonbehandlungen an wehrlosen Säuglingen ohne medizinische Notwendigkeit? Das muss verboten werden. Wieso nutzt die Bundesregierung nicht das Urteil für eine Überwindung des menschenunwürdigen Transsexuellengesetzes? Wir brauchen einfache, selbstbestimmte Verfahren zum Geschlechtseintrag und zur Änderung des Vornamens ohne psychologische Zwangsgutachten.“
Ähnlich äußerten sich auch Doris Achelwilm, queerpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und der „LSBTI-politische Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten“, Dr. Jens Brandenburg. Grüne, FDP, DIE LINKE und Verbände kündigten an, im Parlament und von Außen weiter Druck auf die große Koalition ausüben zu wollen, um noch Änderungen im Gesetz durchzusetzen. Die Ankündigung der Bundesjustizministerin, das Transsexuellengesetz aufheben zu wollen, unterstütze man.
*Hintergrund :
Am 10. Oktober 2017 entschied das Bundesverfassungsgericht in der Klage der Aktivist*in Vanja, dass das Grundgesetz auch die geschlechtliche Identität der Personen schützt, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Unter Federführung des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat hat die Regierung einen Referentenentwurf vorgelegt, der die Möglichkeit eines dritten positiven Geschlechtseintrags vorsieht – allerdings nur für Personen, die mit einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen können, dass bei ihnen eine „Variante der Geschlechtsentwicklung“ vorliegt. Damit wird der Zugang nur denjenigen eröffnet, die bestimmte medizinische Diagnosen haben. Diese Beschränkung führt dazu, dass nicht einmal alle intergeschlechtlichen Menschen Zugang hätten. Allen anderen Menschen, die eine dritte Option benötigen, wird dieses Recht versagt. (Quelle:www.bv-trans.de)
Weitere Informationen unter dritte-option.de/ / Unterschriften gegen den Seehoferentwurf werden HIER gesammelt.