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In der Bundespressekonferenz haben Familienministerin Lisa Paus und Justizminister Marco Buschmann die Eckpunkte für den Ersatz des menschenverachtenden Transsexuellengesetzes vorgestellt. Damit ist das Verfahren wie zugesagt noch vor der Sommerpause eröffnet worden.
Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung im vergangenen Herbst erklärt, das sogenannte Transsexuellengesetz (kurz: TSG) durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen zu wollen. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann hatte gegenüber Presse und Verbänden wiederholt zugesichert, dass Eckpunkte für die Ausgestaltung des Selbstbestimmungsgesetzes vor der parlamentarischen Sommerpause veröffentlicht werden. Nun liegen diese Eckpunkte auf dem Tisch, freut sich der Bundesverband Trans*:
„Es ist ein kraftvolles Signal, dass die Eckpunkte für ein Selbstbestimmungsgesetz heute in der Bundespressekonferenz vorgestellt wurden. Dass zwei Bundesminister*innen die Eckpunkte präsentiert haben, zeigt welche hohe Bedeutung dieses Gesetzesvorhaben in der Regierung hat. Wir begrüßen sehr, dass dieser erste wichtige Schritt in Richtung eines Selbstbestimmungsgesetzes unternommen wurde. Es ist ein Grundrecht, in der eigenen geschlechtlichen Identität anerkannt zu werden. Die Eckpunkte sehen viele wegweisende Verbesserungen vor.“
Kalle Hümpfner, Bundesverband Trans*
Darum geht es konkret
Foto: Ina Fassbender / AFP
Die Bundesregierung will Transsexuellen die Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags und des Vornamens deutlich erleichtern. Künftig solle dafür eine einfache Erklärung beim Standesamt ausreichen, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Donnerstag in Berlin. Die bisher im gut 40 Jahre alten Transsexuellengesetz vorgesehenen Begutachtungen und gerichtlichen Verfahren sollen demnach wegfallen.
Paus stellte gemeinsam mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Eckpunkte für ein Selbstbestimmungsgesetz vor, das das Transsexuellengesetz ersetzen soll. Die bisherige Regelung habe transsexuellen Menschen die Botschaft vermittelt: „Eigentlich stimmt was nicht mit euch“, beklagte Buschmann. Das solle nun ein Ende haben. Den Eckpunkten zufolge sollen Volljährige gegenüber dem Standesamt die Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen verlangen können, ohne weitere Nachweise oder Begründungen zu erbringen. Bei Minderjährigen ab 14 müssen die Eltern einverstanden sein – sind sie es nicht, kann das Familiengericht eingeschaltet werden, um den Konflikt zu klären. Nach einer Änderung der Einträge soll in allen Fällen eine Sperrfrist von einem Jahr gelten, bevor eine erneute Änderung möglich ist.
Bisher ist vorgeschrieben, dass Betroffene für eine Änderung des Geschlechts- oder Vornamenseintrags zwei psychologische Gutachten einreichen müssen. Am Ende entscheidet dann das zuständige Amtsgericht. Das Verfahren ist langwierig und teuer und wird von Betroffenen als entwürdigend kritisiert.
„Anspruch auf Würde hat jeder einzelne Mensch“
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Das Transsexuellengesetz sei „pathologisierend“, weil es Transgeschlechtlichkeit wie eine Krankheit behandle, und atme „den Geist der 70er-Jahre“, sagte Paus. Selbstbestimmt leben zu können, sei „fundamental für alle Menschen“. Die Eckpunkte sehen auch ein „bußgeldbewehrtes Offenbarungsverbot“ vor, wie Paus ausführte. Damit soll es untersagt werden, Angaben über die frühere Geschlechtsidentität oder den früheren Vornamen eines Menschen zu veröffentlichen, wenn dieser das nicht will. Es gehe darum, ein „Zwangs-Coming-out“ zu verhindern, sagte Paus. Buschmann betonte, Transsexualität sei „nicht der statistische Normalfall, aber es ist normal“. Daher sei auch die Zahl der Betroffenen letztlich unerheblich: „Anspruch auf Würde hat jeder einzelne Mensch.“
Im nun folgenden Gesetzgebungsverfahren wird über öffentliche Anhörungen, Eingaben und Verhandlungen ein Gesetzesentwurf erarbeitet, der dann im Regelfall über drei Lesungen im Bundestag zur Abstimmung kommt. Als Zielmarke für das Verfahren hatten die Koalitionäre den Jahreswechsel angepeilt, selbst anmerkend, dass dies sportlich scheint. Wir bleiben dran! *ck/AFPcne/jp