Seit Jahrzehnten stand das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) im Fokus der Sicherheitsbehörden, regelmäßig wurde bereits dessen Schließung wegen des Vorwurfs islamistischer und antisemitischer Propaganda gefordert. Nun griff das Bundesinnenministerium auch – das Zentrum wurde am Mittwoch ebenso verboten wie mehrere Teilorganisationen in anderen Bundesländern. Ein Überblick über die Geschichte des IZH und seine Aktivitäten:
Foto: Stringer / AFP
Anfänge als religiöser Anlaufpunkt iranischer Kaufleute
Das IZH wurde Anfang der 60er Jahre als religiöser Anlaufpunkt für Schiiten gegründet, finanziert wurde es nach Angaben des Hamburger Verfassungsschutzes zunächst maßgeblich von in der Hansestadt ansässigen iranischen Kaufleuten. Seine Rolle änderte sich demnach mit der islamischen Revolution im Iran unter Ayatollah Ruhollah Khomeini Ende der 70er Jahre aber stark. Danach entwickelte es sich der Behörde zufolge zum „strategischen Außenposten” der Teheraner Regierung.In Hamburg warnte der Verfassungsschutz deshalb bereits seit 30 Jahren vor verfassungsfeindlichen Bestrebungen in dem Zentrum und seiner an der Außenalster gelegenen Imam-Ali-Moschee, die auch Blaue Moschee genannt wird. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtete es nach eigenen Angaben ebenfalls schon seit langem und stufte es als islamistisch ein.
„Direkte Vertretung” des iranischen Revolutionsführers
Foto: Stringer / AFP
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums vom Mittwoch diente das nun verbotene Zentrum als „direkte Vertretung” des sogenannten iranischen Revolutionsführers und sollte dessen mit dem Grundgesetz unvereinbares Konzept einer „autoritär-theokratischen Herrschaft” hoffähig machen. Es habe in Deutschland letztlich „eine islamistische, totalitäre Ideologie” propagiert, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Berlin.
Konkret wurden laut deutschen Sicherheitsbehörden über das IZH aggressiv antisemitische und antiisraelische Positionen sowie islamistische Ideen verbreitet – darunter etwa zur Einführung der Scharia, zur Tötung von Homosexuellen und zur Beseitigung von Frauenrechten. Im Raum stand zudem der Vorwurf der Unterstützung der radikalislamischen Hisbollah-Miliz im Libanon, die von der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft wird und in Deutschland verboten ist. Sie ist mit dem Iran verbündet und bekämpft Israel.
Zentrum gibt sich öffentlich unpolitisch
Nach außen trat das IZH dabei laut Verfassungsschutzbehörden allerdings bewusst unpolitisch auf und vermied zumindest öffentlich islamistische Positionierungen. Demnach versuchte es sich in erster Linie als religiöse Einrichtung mit sozialen und karitativen Aktivitäten darzustellen. Es habe „äußerst konspirativ” agiert, erklärte das Bundesinnenministerium am Mittwoch. In der Vergangenheit ging das Zentrum vor Gericht auch schon erfolglos gegen seine Erwähnung etwa in Verfassungsschutzberichten vor.
Forderungen nach einem Verbot des Zentrums aus Reihen der Politik gab es schon lange. Bereits im November durchsuchte die Polizei dessen Räume auf der Suche nach Beweisen für ein vom Bundesinnenministerium betriebene vereinsrechtliche Verfahren, das mit dem Verbot nun abgeschlossen ist. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) erklärte schon damals, die Zeit des Zentrums sei „erkennbar abgelaufen”. Die „schweren Verdachtsmomente” hätten sich durch die Ermittlungen bestätigt, betonte Faeser am Mittwoch.
In Rechtsform eines Vereins organisiert
Das in der Rechtsform eines Vereins organisierte Zentrum war zunächst lange Mitglied in der Hamburger Schura, dem Dachverband der islamischen Gemeinden in der Hansestadt. Es trat allerdings 2022 aus diesem aus. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland setzte die Mitgliedschaft des IZH nach der Razzia im November bis zur Klärung der Vorwürfe zunächst aus. Das Betätigungsverbot richtet sich laut Behörden auch gegen ein von der Führung des IZH aufgebautes Netzwerk weisungsgebundener Vereine und Moscheen in anderen Bundesländern. Laut Bundesinnenministerium wurden am Mittwoch insgesamt mehr als 50 Objekte in acht Bundesländern durchsucht sowie vier Moscheen geschlossen. Betroffen war unter anderem auch das Zentrum der islamischen Kultur in Frankfurt am Main. Es sei „personell und finanziell abhängig” vom IZH, erklärte das hessische Innenministerium. *ck/AFP/bro/cfm