Vor 25 Jahren, am 11. Juni 1994, endet auf dem Papier die 123-jährige staatliche Verfolgung Homosexueller in ganz Deutschland (in der DDR bereits am 30. Juni 1989). In vielen Köpfen und gegen andere Queers immer noch gesetzlich, lebt ihr Ungeist bis heute.
Erst 2017 wurden die bundesdeutschen Opfer des § 175 rehabilitiert, erst 2018 bat Bundespräsiden Frank Walter Steinmeier sie um Vergebung. Dieser Bitte um Vergebung zu entsprechen, fällt Opfern, deren Existenzen vernichtet wurden, und deren Angehörigen und Erben, sicher nicht einfacher, wenn jedem gesetzgeberischen Fortschritt in Richtung Würde und Gleichberechtigung ein langer zäher Kampf gegen die Schäubles und Seehofers dieser Republik vorangeht.
Man denke nur an die jüngst unsägliche Weigerung im Rahmen der Schaffung eines dritten Geschlechtseintrages, gleich das verfassungswidrige Transsexuellengesetz zu streichen und durch ein selbstbestimmtes Personenstandsrecht zu ersetzen oder den dann folgenden transfeindlichen Entwurf, der alles noch schlimmer machen sollte, inklusive 1950er-Jahre-Remake Ehepartnererlaubnis. Oder an den mühsamen und langen Weg zur Ehe für alle, mit ihren Einschränkungen für lesbische Mütter hierzulande, in Österreich mit einem Ausschluss binationaler Paare. Die Liste ist lang.
„Zur Geschichte der Unterdrückung gehören auch die Eingriffe an intergeschlechtlichen Menschen. Viele werden bis heute im Säuglings-, Kindes- oder Jugendalter ohne eigene Einwilligung medizinischen Zwangsbehandlungen unterzogen. Auch transgeschlechtliche Menschen mussten sich lange Zeit in Deutschland operativen Eingriffen unterziehen und sich sterilisieren lassen, um personenstandsrechtlich im empfundenen und gelebten Geschlecht Anerkennung zu finden. Diese vom Gesetzgeber erzwungenen Menschenrechtsverletzungen müssen endlich anerkannt und die Opfer entschädigt werden.“ Helmut Metzner, Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) anlässlich des heutigen Jahrestages. Die ganze Stellungnahme HIER lesen.
Von der Katholischen Kirche über die CDU/CSU bis hin zur AfD gibt es nach wie vor Kräfte, die Menschenrechte nur so lange hoch halten, wie sie ihnen Vorteile bringen und Privilegien nicht einschränken. Wenn doch, haben sie offenbar diebische Freude daran, ihre traditionellen und/oder durch die Mehrheitsgesellschaft automatisch zugebilligten Privilegien bis aufs Messer zu verteidigen.
Ein Blick auf die Homosexuellenverfolgung und ihre Überwindung könnte den Geist öffnen: Gleiche Rechte und Gleichberechtigung schaffen letztere Privilegien nicht ab, sie billigen sie nur auch anderen zu. *Christian Knuth