In Neubrandenburg geht es gerade Schlag auf Schlag: Der Stadtvertretung wurde es zu bunt – wortwörtlich. Die Regenbogenflagge, Symbol der queeren Community und ihrer Rechte, darf vor dem Bahnhof nicht mehr wehen. Nur einen Tag nach diesem Beschluss kündigt Oberbürgermeister Silvio Witt seinen Rücktritt an. Zufall? Wohl kaum.
Silvio Witt, der seit 2015 die Geschicke der Stadt lenkt, war von Anfang an nicht nur Verwaltungschef, sondern auch ein sichtbares Symbol für Vielfalt und Offenheit. Dass der parteilose OB offen schwul lebt, machte ihn zur Zielscheibe, nicht nur für die Rechten in der Stadtvertretung, sondern auch für eine lautstarke Minderheit, die den Wandel in der Gesellschaft nicht akzeptieren will. Der Antrag, die Regenbogenflagge zu verbieten, stammt vom Einzelabgeordneten Tim Großmüller, einem Mann, der laut Nordkurier bereits wegen Volksverhetzung im Visier der Behörden steht. Dass der Antrag von der AfD und weiteren rechtskonservativen Kräften mitgetragen wurde, überrascht wenig. Aber auch drei der neun BSW-Vertreter*innen stimmten für das unter anderem mit „innerer Sicherheit” begründete Verbot.
Witt gibt zwar zu Protokoll, dass das Verbot der Regenbogenflagge nicht der alleinige Grund für seinen Rückzug sei – es habe sich jedoch in eine lange Reihe von Vorfällen eingereiht, die ihm den Glauben an eine konstruktive politische Zusammenarbeit genommen haben. „In den letzten Jahren haben sich Beleidigungen, Schmähungen und Unterstellungen gegen mich gehäuft“, sagte Witt der FAZ. Die AfD, so Witt weiter, stelle nicht nur seine Lebensweise, sondern die Grundwerte der Demokratie in Frage.
„Es gab Beleidigungen, man nannte mich das Mädchen, das Männchen – und das alles im höchsten Gremium der Stadt.“
In der Stadtvertretung, wo einst der Dialog das Miteinander prägte, herrscht jetzt ein rauer Ton. Der Beschluss gegen die Regenbogenflagge ist für Witt der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Dem Spiegel sagte er:
„Ich möchte in einer Stadt leben, in der diese Flagge gehisst werden darf.“
Doch die politischen Realitäten in Neubrandenburg haben sich verschoben. Die Mehrheitsverhältnisse in der Stadtvertretung haben zu einer Symbolpolitik geführt, die auf dem Rücken von Minderheiten ausgetragen wird.
Es gibt Widerstand: Die Organisation QueerNB demonstriert für „queere Sichtbarkeit“ und ruft dazu auf, Regenbogenflaggen an privaten Gebäuden zu hissen
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Witt sieht das Verbot dann auch als klare Fehlentscheidung, die die Stadt auf gefährliches Terrain führe. Neubrandenburg, eine Stadt, die für ihre demokratische Tradition steht, riskiere, als Hochburg der AfD wahrgenommen zu werden. Bereits in der Vergangenheit war die Regenbogenflagge mehrfach gestohlen und durch Hakenkreuzfahnen ersetzt worden – ein klares Zeichen dafür, wie weit sich Teile der Gesellschaft radikalisiert haben. *ck/Quellen: Spiegel/Nordkurier/n-tv/Rheinische Post