Die letzte Parlamentswoche stand ganz im Zeichen von Corona. Auch ein Abgeordneter der FDP wurde bereits positiv auf das Virus getestet. Am Freitag wurde in einer gemeinsamen Lesung in der 1. sowie der 2./3. Lesung ein Gesetz zum erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld durch das Parlament gebracht.
Alle Fraktionen verständigten sich darauf und verabschiedeten das Gesetz einstimmig. Ein einmaliger Vorgang im deutschen Bundestag.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Arbeitsminister Olaf Scholz versprachen unbegrenzt Kredite an Großunternehmen und auch Einzelunternehmer. Eine wichtige Botschaft auch für die queere Community. Denn ab kommende Woche werden wohl, nachdem die meisten Klubs bundesweit schon schlossen, auch Bars ihren Betrieb einstellen. Corona wird auch die queere Kultur nachhaltig verändern und wir wissen nicht, wie sie später wieder auferstehen wird. Genaue Regelungen für Künstler*innen stehen noch aus (kostenlose Infoline).
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Anhörung zu Verbot von Pseudo-Konversionsverfahren
Jens Spahn und sein bislang solides Krisenmanagement waren diese Woche im Fokus. Doch diese Woche wurde auch sein Gesetzentwurf zu Konversionsbehandlungen in einer öffentlichen Anhörung mit Expertinnen diskutiert ebenso wie ein Antrag der Grünen, der weitergehend ist. Eine große Runde von Expert*innen bewertete das Gesetz im Gesundheitsausschuss (alle Stellungnahmen HIER). Obwohl alle Sachverständigen die Intention des Gesetzes begrüßten, wurde nahezu einhellig Änderungen eingefordert.
Die Vertreterin des LSVD Gabriela Lünsmann, der Einzelsachverständige Hartmus Rus (LSVD), sowie insbesondere die Vertreterin der Bundespsychotherapeutenkammer machten darauf aufmerksam, dass die Altersbeschränkung von 18 Jahren nichts ausreichend sei. Auch dass nach dem Gesetz zwischen 16 und 18 Jahren die Erziehungsberechtigten entscheiden dürften, wurde kritisch gesehen. Hartmut Rus machte zudem darauf aufmerksam, dass bereits die Vermittlung von Konversionsbehandlungen unter Strafe stehen sollte, da Konversionsbehandlungen meist nicht offen angeboten würden. Der Vertreter der Schwulen Juristen Ahmet Alagün, zugleich Richter, sprach sich dafür aus, dass das Gesetz klarer formuliert werden sollte gerade im Bereich des Werbeverbots. Die Anhörung machte deutlich, das Gesetz muss nachgebessert werden. Die Abgeordneten der AfD hatten keine Sachverständigen benannt, ihren Fragen zeichneten sich durch Unkenntnis und Ignoranz gegenüber queeren Lebensweisen aus. Die Sachverständigen, die diese Fragen beantworten sollten, wiesen bereits die Fragestellung zurück. Peinlich.
Besonders homophober Teil der AfD Fall für den Verfassungsschutz
Foto: Olaf Kosinsky / CC BY-SA 3.0 / wikimedia.org
Björn Höcke
Bernd Höcke, AfD. Foto: Olaf Kosinsky - Own work, CC BY-SA 3.0 de, Link
Der bestimmende Teil der AfD, der „Flügel“, wird nun eingehend vom Verfassungsschutz beobachtet. Der Verfassungspräsident Thomas Haldenwang bezeichnete deren Exponenten Andreas Kablitz und Björn Höcke als „rechtsextrem“. Gerade der Flügel propagiert den Hass auf Minderheiten. Gerade dieser Teil hetzt gegen queere Lebensweisen. Die Einschätzung des Verfassungsschutzes hat Konsequenzen. Da Beamte nicht Mitglied einer extremistischen Organisation sein dürfen, könnten nun AfD-Mitglieder ihren Staatsjob verlieren. Gut so.
Blutspendebeschränkungen für Homosexuelle
Foto: Steve Bidmead / CC0
Blutspende
Abgesetzt (Bundestagsdeutsch für auf unbestimmte Zeit verschoben) wurden diese Woche zwei Anträge der Grünen und der FDP, die sich gegen die Diskriminierung von schwulen Männern und Trans* bei der Blutspende wandten. Was auf den ersten Blick nach einer sachgrundlosen Diskriminierung ausschaut, ist es allerdings nicht. Expert*innen der Virologie, die fern jedes Diskriminierungsverdachtes sind, geben durchaus triftige Gründe für einen mindestens teilweisen Ausschluss schwuler Männer (Stichwort: Risikogruppe und Inkubationszeit des Virus). Doch hierzu mehr, wenn die Anträge wieder aufgesetzt werden.
Wie und ob das Parlament in der letzten Märzwoche tagt, hängt nun von der Verbreitung des Virus und der Entscheidung des Bundestagspräsidenten ab. Im Bundestag arbeiten mehr als 3.000 Menschen – die meisten Mitarbeiter der Verwaltung, der Fraktionen und der Abgeordneten wurden ins Home-Office geschickt.