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Ursprünglicher Artikel vom 25. November 2020
#HassIstKeineMeinung • Bremer Pastor wegen Volksverhetzung verurteilt
8.100 Euro Strafe verhängte die vorsitzende Richterin Ellen Best am Bremer Amtsgericht gegen den Pastor der örtlichen evangelischen St.-Martini-Gemeinde. Olaf Latzel hatte Homosexualität bei einer Kirchenveranstaltung als „Degenerationsform der Gesellschaft“ und CSD-Besucher*innen als „Verbrecher“ und „todeswürdig“ bezeichnet.
Das Gericht verhängte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, umgewandelt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Euro, was insgesamt 8.100 Euro macht. Damit blieb es unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Strafe von vier Monaten verlangt hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. (AZ: 96 Ds 225 Js 26577/20)
Erleichterung beim CSD und in Kirchenkreisen
Für die Bremische Evangelischen Kirche (BEK) äußerste sich Schriftführer Pastor Bernd Kuschnerus gegenüber buten un binnen „zutiefst betroffen“ darüber, dass „ein Pastor unserer Kirche wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist“.
Foto: www.facebook.com/ellenundsteffi
Anders Amen
„Es ist gut, dass Pastor Olaf Latzel für die Aussagen, die er getätigt hat, auch tatsächlich verurteilt worden ist. {...} Wir freuen uns darüber! Denn: Die Aussagen die er getätigt hat, sind nicht ‚einfach biblische’ Aussagen.“
Pastorin Ellen Radtke
Das lesbische Pastorinnenehepaar von Anders Amen unterbrach sogar seinen Mutterschaftsurlaub. Ellen Radtke sendete männer* einen überraschten Kommentar, denn mit einer Verurteilung hatte sie nicht gerechnet.
Anders Amen, das ist ein lesbisches Pastorinnenpaar, Steffi und Ellen Radtke, welches mit intelligenten YouTube-Beiträgen, queerem Witz und viel Charme für queere Sichtbarkeit und auch für die Verbreitung christlicher Gedanken sorgt. Gerade sind die Mütter in der YouTube-Babypause, trotzdem nahm sich Ellen für uns etwas Zeit, um ein Statement abzugeben.
Robert Dadanski
Robert Dadanski vom CSD Bremen zum Fall Olaf Latzel
Der Bremer CSD Verein war einer der ersten, der nach Bekanntwerden der Hetzrede Strafanzeige bei der Polizei gegen Latzel stellte. Er begrüßt in einer Stellungnahme das Urteil.
„Auch wenn die Verteidigung bereits Rechtsmittel bis zum Bundesverfassungsgericht angekündigt hat, so beweist das Urteil ganz eindeutig, dass es sich nicht einfach um die Befindlichkeiten von queeren Menschen handelt, sondern um Volksverhetzung und ein vergiftetes Klima.“
Robert Dadanski, Pressesprecher und Vorstand
Wie geht es weiter?
Auf Volksverhetzung stehen bis zu fünf Jahre Haft, mit der wichtigen 90-Tagessatz-Regel gilt Latzel sogar bei rechtsgültigem Urteil als nicht vorbestraft. Sein Verteidiger kündigte bereits an, in Berufung zu gehen und notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Wann also genau das wegen des laufenden zivilgerichtlichen Verfahrens unterbrochene Disziplinarverfahren der BEK gegen Latzel fortgesetzt wird, ist zurzeit noch unklar.
„Die Äußerungen, die der Verurteilung zugrunde liegen, sind nicht hinnehmbar und schaden dem Ansehen der ganzen Kirche. Der Kirchenausschuss wird jetzt über die nötigen Konsequenzen beraten.“
Pastor Bernd Kuschnerus, BEK
Der CSD Bremen e. V. forderte den Kirchenausschuss der BEK auf, Taten folgen zu lassen. „Die BEK hat die Möglichkeit Latzel zu suspendieren und sollte das zum Schutze Dritter auch tun.“
Update 11. Dezember 2020
Predigtverbot für Latzel!
Über ihre Facebookseite teilte die Bremische Evangelische Kirche die deutliche Stellungnahme als Sharepic
Der Kirchenausschuss der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) hat sich wie angekündigt in seiner Sitzung am 10. Dezember mit dem Urteil im Strafverfahren gegen Pastor Olaf Latzel befasst und gibt folgende Stellungnahme heraus, die wir gerne dokumentieren:
Das Amtsgericht Bremen hat Herrn Pastor Latzel wegen Volksverhetzung verurteilt. Herr Pastor Latzel hat gegen dieses Urteil Rechtsmittel eingelegt. Der Kirchenausschuss hat im Hinblick darauf, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, beschlossen, dass das Disziplinarverfahren weiterhin ausgesetzt wird.
Der Kirchenausschuss hat darüber hinaus entschieden, dass Herr Pastor Latzel während der Dauer des weiteren Verfahrens keinen Dienst als Pastor in unserer Kirche tun kann. Er hat deshalb beschlossen, Herrn Pastor Latzel vorläufig des Dienstes zu entheben, falls mit ihm nicht kurzfristig eine Einigung über das Ruhen seines Dienstes erzielt werden kann.
Herrn Pastor Latzel und seinem Rechtsbeistand wird im Wege einer Anhörung die Möglichkeit gegeben, zu dieser Entscheidung des Kirchenausschusses bis kommenden Mittwoch Stellung zu nehmen und ein Einvernehmen mit dem Kirchenausschuss über das Ruhen des Dienstes während des weiteren Verfahrens zu erzielen. Sollte diese nicht zustande kommen, wird er mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben. Das Disziplinarverfahren bleibt ausgesetzt.
„Es ist nach unserer Überzeugung nicht möglich, dass ein Pastor, der von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist, während der Dauer des Disziplinarverfahrens weiter seinen Dienst tut. Gerade auch, wenn und solange eine solche Verurteilung nicht rechtskräftig ist, muss dies gelten. Eine glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums ist während der Dauer einer derartigen rechtlichen Auseinandersetzung - die möglicherweise über Jahre und unter erheblicher öffentlicher Beteiligung stattfindet - nicht denkbar. Eine Ausübung des Dienstes während dieser Zeit würde die Glaubwürdigkeit der Wahrnehmung des kirchlichen Dienstes und das Ansehen der Bremischen Evangelischen Kirche in der Öffentlichkeit schwer beschädigen.
Der Kirchenausschuss bittet die Menschen, denen durch die Äußerungen von Pastor Latzel Leid und Unrecht zugefügt wurde, um Verzeihung.“
BEK-Schriftführer, Pastor Dr. Bernd Kuschnerus