Zum ersten Mal nach langer Zeit trafen sich Fachkräfte im Rahmen der 18. Münchner AIDS- und COVID-Tage wieder. Auch wenn die Gesichter nach wie vor von Masken verdeckt blieben, war dennoch ein großer Enthusiasmus spürbar, dass nun wieder gemeinsam an Fortschritten gearbeitet werden kann.
Patientendaten zu HIV und COVID
Das zu Beginn der Pandemie in Kraft getretene Infektionsschutzgesetz hat unsere Gesellschaft zweifelsohne gespalten. Doch stand während des Kongresses vor allem die Frage im Raum, was man aus den letzten Jahren lernen konnte. In Bezug auf die Datensicherheit und Auskunftspflicht von Patient*innen ist klar geworden, dass man nicht einfach die Regelungen für eine Infektionskrankheit auf eine beliebig andere übertragen darf.
Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen Aids-Hilfe, merkte hierzu bei der Eröffnungsrede an, dass „im Gesundheitswesen von Mitarbeiter*innen (…) mit Verweis auf den §23a IfSG der HIV-Status abgefragt oder HIV-Tests eingefordert werden - und das bei allen Mitarbeiter*innen, von der Reinigungskraft bis zur Chefärztin.“ Hierzu folge der Appell an alle Teilnehmenden, dass die informationelle Selbstbestimmung, die ärztliche Schweigepflicht und die Vorsicht bezüglich sensibler Daten unverzichtbar sei.
Die elektronische Patientenakte wird sich sicherlich durchsetzen, jedoch gehört es auch zur Pflicht von Ärzt*innen und anderem Fachpersonal, politisch weiterhin auf ein selbstbestimmtes Modell der ePA zu drängen, um Patient*innen ein Höchstmaß an Diskretion und Selbstbestimmung zu gewährleisten.
Hilfe für geflüchtete Menschen
Die schwer einzuschätzende Entwicklung in der Ukraine hat auch auf diesem Kongress eine Rolle gespielt. Unter den Geflüchteten finden sich ebenfalls Menschen mit HIV oder solche, die Substitutionstherapie und Angebote der Drogenhilfe benötigen. Viele können gar nicht fliehen und benötigen Medikamente wie ART, Hormontherapien, Substitutionsmittel direkt vor Ort.
Eine unbürokratische Hilfsaktion, organisiert von der DAIG und der dagnä, konnte bereits Mittel bereitstellen und auch auf der Webseite der DAH besteht die Möglichkeit, unkompliziert zu spenden und somit diesen besonders gefährdeten Menschen zu helfen.
Mehr PrEP außerhalb der Ballungsräume
Eine Evaluation des RKIs hatte noch kurz vor dem Kongress bestätigt, dass die PrEP wirkt, also Infektionen mit HIV verhindert. Doch weist die Evaluation ebenfalls daraufhin, dass nicht alle Menschen, die die PrEP zum Schutz vor HIV nutzen könnten, auch davon wissen und sie erhalten. „Das liegt auch daran, dass es für Menschen abseits von Ballungsgebieten schwierig sein kann, an die PrEP heranzukommen,“ so Silke Klumb. „Es gibt nicht in jeder Stadt eine oder ausreichend viele PrEP verschreibende Praxen. Daher müssen wir dringend gemeinsam daran arbeiten, dass mehr medizinische Einrichtungen die PrEP anbieten können.“
In den Seminaren, Vorträgen und Expertenrunden wurden etliche relevante Punkte für die Gesundheit unserer Community angesprochen. Das komplette Programm der 18. Münchner AIDS- und COVID-Tage 2022 ist über diesen Link abrufbar.