Seit mehreren Jahren steigen in Deutschland die Infektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) an. Dies kann sowohl auf ein verändertes Sexualverhalten im Zuge der geringeren Angst vor einem Tod durch Aids, als auch besonders auf die Freiheiten einer offeneren Gesellschaft und die Digitalisierung des Datings zurückgeführt werden.
Neue Wege im digitalen Zeitalter
Grund zur Panik besteht nicht. Die Zahlen liegen immer noch weit unter denen der Zeit vor Aufkommen von HIV in den 1970ern, und zudem sind alle STI weiterhin gut behandelbar bzw. vermeidbar (siehe unten). Dennoch ist es wichtig, dass sich die Gesellschaft neue Wege ausdenkt, um Sexualität im Sinne der Gesundheit möglichst einfach sicher zu machen. Eine dieser Maßnahmen ist S.A.M, ein Projekt von Münchner Aids-Hilfe, Deutscher AIDS-Hilfe, ViiV Healthcare und des Labors Lademannbogen in Hamburg, dessen Testphase nach Bayern nun schrittweise auf neun Bundesländer ausgeweitet wird.
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Was ist S.A.M?
In einem online- und handybasierten Abosystem bekommst du für jeweils 32 Euro alle drei, sechs oder zwölf Monate ein Testset für HIV, Syphilis, Chlamydien und Gonokokken (Tripper) nach Hause gesendet. Die Anwendung ist super einfach, einmal durchgeführt wirfst du das Kit in den nächsten Briefkasten und bekommst einige Tage später die Ergebnisse auf dein Smartphone. Ist ein Test positiv, wird dir dies von einem fachlich befähigten Berater telefonisch mitgeteilt und die weitere Vorgehensweise direkt besprochen. Wir haben S.A.M schon ausprobiert und sind begeistert. Es ist wirklich einfach und unkompliziert.
Warum S.A.M?
Besonders für Menschen außerhalb der Großstädte oder in Städten, in denen die Tests unverhältnismäßig teuer sind, schließt „S.A.M – Mein Heimtest“ eine klaffende Versorgungslücke. Auch für Nutzer der PrEP, die diese nicht über die Krankenkasse bekommen, oder Menschen, die vielleicht gehemmt sind, über ihr Sexualverhalten zu sprechen, bietet sich S.A.M an. Und nicht zu vergessen, bedeutet der Besuch beim Arzt oder in der Beratungsstelle individuelle Planung und Zeit, die sich einige einfach sparen wollen und deswegen bisher nicht zum Test gingen. Zudem ist das Angebot mit seinen 32 Euro unschlagbar günstig, alleine der HIV-Test kostet regulär zwischen 25 und 50 Euro.
Wie bekomme ich S.A.M?
Über die Webseite www.samtest.de meldest du dich an und musst dich dann nur einmal in einem persönlichen Gespräch bei einem S.A.M-Partner-Checkpoint registrieren. Dies ist bisher in München, Regensburg und Nürnberg möglich, neu dabei sind seit Dezember 2019 Bonn, Lingen, Frankfurt, Dresden und Magdeburg. Hamburg, Berlin, Hannover und Freiburg folgen.
Alle Infos bekommst du dazu auf der Website www.samtest.de.
Foto: DAH
„S.A.M wächst und gedeiht. Die erste Auswertung hat gezeigt: Diese Möglichkeit, sich checken zu lassen, wird gut angenommen und erreicht die Richtigen. Sie motiviert Menschen zum Test beziehungsweise dazu, sich häufiger testen zu lassen. Am Ende des Jahres 2019 haben wir ungefähr 1.000 Test-Ergebnisse mitgeteilt. Das befristete Pilotprojekt liefert uns wertvolle Erfahrungen. Wir streben an, dass wir später einmal ein solches Angebot bundesweit aufbauen können. HIV und andere Infektionen sollten so schnell wie möglich behandelt werden. Deswegen sind regelmäßige Checks so wichtig.“
Empfohlen von der Deutschen AIDS-Hilfe. Pressesprecher Holger Wicht zu „S.A.M – Mein Heimtest“
Info STI
Neben den Möglichkeiten, die S.A.M bietet, gilt weiterhin die Regel, dass ein jährlicher STI-Check-up beim Arzt oder in einer Beratungsstelle für alle Menschen empfohlen wird, die sexuell aktiv sind. Kondome verringern zwar das Ansteckungsrisiko, allerdings bei Weitem nicht so sicher, wie sie das bei HIV tun. Im Allgemeinen reicht beim Arzt der Hinweis, dass ein mögliches Ansteckungsrisiko bestanden hat, damit dieser die Untersuchungen über die Krankenkasse abrechnen kann. Gleiches gilt für die Impfung gegen die STI, für die zurzeit keine gute Therapie zur Verfügung steht: Hepatitis A & B. Eine zehn Jahre wirksame Impfung gegen eine Ansteckung erhalten Männer, die Sex mit Männern haben, wenn sie dem Arzt offen erklären, Sex mit Männern zu haben. Frauen und Heteros erhalten den Schutz ebenfalls als Kassenleistung, wenn sie ein hohes Infektionsrisiko zum Beispiel durch häufig wechselnde Geschlechtspartner haben. Sollte dein Arzt sich weigern, dir die Hepatitisimpfung zu verschreiben, zeige ihm diesbezügliche Informationen aus dem Internet, zum Beispiel von www.iwwit.de.