Gesundheitlich ist das Alter eine Herausforderung und nicht immer geht es nur um das berühmte „Zipperlein“. Wie man sich im Alter fit hält, was man tun oder besser lassen sollte, und darum Altern kein Horror sein muss – das besprechen wir mit dem Münchner Allgemeinmediziner, Infektiologen und Psychotherapeuten Dr. Ulrich Kastenbauer.
„Sexualität verändert sich im Laufe des Lebens, und ob die geschilderten Phänomene immer gleich ein Problem sein müssen, ist nicht ausgemacht.“
Ab wann gilt man medizinisch als „alt“?
Eine klare Grenze existiert hier nicht, denn das chronologische Alter ist nicht immer mit dem biologischen Alter identisch. Allerdings kann man sagen, dass in der Geriatrie oder beispielsweise bei Impfungen die Zahl 60 eine Rolle spielt, weil bestimmte Prozesse einen Grad erreichen, bei dem sich das Alter nicht mehr wegdiskutieren lässt.
Welches sind die typischen Beschwerden, mit denen Männer im Alter rechnen müssen?
Der Klassiker ist die Prostata, die bei vielen Männern im Alter größer wird und Beschwerden beispielsweise beim Wasserlassen verursacht. Außerdem die Arteriosklerose, die zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen kann.
Von dieser Verengung der Blutgefäße sind Männer häufiger betroffen, zumal sie oft durch Bluthochdruck, Diabetes oder Lebensstilfaktoren wie Rauchen begünstigt werden.
Wie sieht’s in Sachen Sexualität aus?
Natürlich wirkt sich das Alter auch auf die sexuelle Gesundheit aus und kann zu Erektionsproblemen oder einer nachlassenden Libido führen. Ich möchte aber dazu sagen: Sexualität verändert sich im Laufe des Lebens, und ob die geschilderten Phänomene immer gleich ein Problem sein müssen, ist nicht ausgemacht. Denn Sexualität im Alter hat auch seine positiven Seiten: Der Leistungsdruck lässt nach, man wird erfahrener, kann seine Bedürfnisse besser benennen und Grenzen klarer setzen.
Das könnte dich auch interessieren: Alt: Jeder will es werden, keiner will es sein
Was kann Mann tun, um körperlichen Alterserscheinungen vorzubeugen?
Um gesund und fit zu bleiben, sollte man sich einen aktiven Lebensstil zu eigen machen. Dabei ist vor allem regelmäßiger Ausdauersport hilfreich. Krafttraining ist auch gut, denn es beeinflusst die Knochendichte positiv. Man sollte aber nicht ausschließlich Krafttraining betreiben, denn dann fehlt etwas für den Kreislauf oder gesunden Schlaf. Nicht zuletzt sollte der ältere Mann etwas für seine Beweglichkeit tun.
Worauf muss ich achten, wenn ich im höheren Alter Sport treiben oder gar damit beginnen will?
Ich empfehle zunächst Sportarten, die eine konstante Belastung haben: Wandern, Radfahren oder Schwimmen. Wichtig: Man muss langsam anfangen, etwa 15 bis 30 Minuten bei leichter Belastung. Es braucht Zeit, bis Muskeln und Gelenke gestärkt sind.
Dann kann man sich steigern. Dabei sollte man gerade im Alter die Gelenke im Blick behalten und gutes Schuhwerk verwenden. Wenn dennoch Schmerzen kommen, aufhören und einen Arzt zurate ziehen.
Welche Rolle spielt Ernährung?
Eine Große! Da dürften die Ernährungstipps den meisten bekannt sein: Vollkornprodukte, Gemüse, Obst, viel pflanzliche Fette und Öle, wenig Zucker, und auch die Salzzufuhr sollte reduziert werden. Dazu ausreichend kalorienarme Flüssigkeit und kein Nikotin – denn Rauchen beschleunigt die Alterung diverser Organe und erhöht das Krebsrisiko.
"Die Haut braucht im Alter Pflege und muss befeuchtet werden. Dafür muss man allerdings nicht tief in die Tasche greifen."
Es werden ja reichlich Mittel beworben, die Leistung bis ins hohe Alter versprechen - was ist von solchen Präparaten zu halten?
Die meisten der Mittel zur Stärkung halten einer wissenschaftlichen Prüfung nicht stand. Immerhin dürften sie keinen Schaden anrichten, bringen aber nichts, von einem möglichen Placebo-Effekt abgesehen. Etwas anders ist das bei der Kosmetik: Die Haut braucht im Alter Pflege und muss befeuchtet werden. Dafür muss man allerdings nicht tief in die Tasche greifen. Wichtig ist, dass das Produkt hypoallergen ist.
Gibt es eigentlich so etwas wie Wechseljahre bei Männern?
Derart einschneidende Veränderungen, wie sie Frauen erleben, gibt es bei uns Männern nicht. Die Produktion des „Männlichkeitshormons“ Testosteron geht ja schon ab den späten 20ern langsam zurück. Aber es kann passieren, dass diese Hormone im Alter einen Level unterschreiten, der dann auch spürbar ist.
Und wie macht sich das bemerkbar?
Die Symptome sind relativ unspezifisch: Man fühlt sich möglicherweise antriebslos, reizbar, müde, sexuelle Lust und allgemeine Leistungsfähigkeit können nachlassen. Wer einen Testosteronmangel vermutet, sollte sich vom Arzt untersuchen lassen. Nur bei gesicherter Diagnose verschreibt der dann entsprechende Präparate. Da auch Testosteron Nebenwirkungen haben kann, sollte man es nur unter ärztlicher Aufsicht einnehmen.
"Neben Demenz ist Depression die häufigste psychische Erkrankung im Alter – übrigens bei beiden Geschlechtern. Das hat körperliche, aber auch soziale und gesellschaftliche Ursachen wie Vereinsamung."
Nimmt das Altern den Mann auch psychisch mit, neigt er zur Alters-Depression?
Neben Demenz ist Depression die häufigste psychische Erkrankung im Alter – übrigens bei beiden Geschlechtern. Das hat körperliche, aber auch soziale und gesellschaftliche Ursachen wie Vereinsamung. Übrigens werden Depressionen gerade bei Männern gern mal übersehen, denn Männer sind oft nicht traurig oder niedergeschlagen, sondern reizbar, antriebslos oder grantig. Gerade in Bayern akzeptiert man es ja schnell, wenn einer sagt: „Der ist ein richtiger alter Grantler geworden!“
Haben Sie persönlich Angst vor dem Altern?
Jein. Manchmal macht mir die Vorstellung schon ein bisschen Angst, aber ich vertraue auch darauf, dass ich sowohl körperlich als auch sozial gute Voraussetzungen habe, mein Leben im Alter weiterhin zu genießen. Nicht zuletzt freue ich mich darauf, dass mich manche Dinge später nicht mehr so stressen und vieles im Alter seinen Schrecken verliert!