Obwohl sich unsere Gesellschaft und somit auch die Arbeitswelt positiv im Hinblick auf die Akzeptanz von LGBTQIA+-Personen entwickelt hat, ist es für viele Betroffene noch immer schwierig, sich in ihrer Arbeit zu outen. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bielefeld hat ergeben, dass jeder Dritte noch immer seine sexuelle Identität verschweigt. Doch das Outing hat viele positive Effekte – sowohl für den Betroffenen als auch das Unternehmen in dem er/sie arbeitet.
Laut DIW-Studie erleben 30 Prozent der LGBTQIA+-Personen Diskriminierung im Beruf. Das hat gesundheitliche Folgen: Betroffene leiden doppelt so oft an Herzerkrankungen wie die Restbevölkerung.
Wer kennt das nicht? Man tritt eine neue Stelle an, trifft neue Kolleg*innen und wird schon bald nach dem Privatleben gefragt. Für viele ist es normal und gar nicht ungewöhnlich, über ihren Mann, seine Frau, den Freund oder die Freundin zu sprechen. LGBTQIA+-Personen ist das aus verständlichen Gründen nicht immer leichtgefallen und auch heute noch ist es für viele schwierig, über die eigene Identität mit Kolleg*innen oder dem/der Vorgesetzten zu sprechen. „Das passiert oft aus Angst vor negativer Bewertung oder vor Benachteiligung in der eigenen Karriere“, sagt der leitende Arbeitspsychologe Dr. rer. nat. Christopher Gröning von Betriebsarztservice.
Kein Wunder, denn laut DIW-Studie erleben 30 Prozent der LGBTQIA+-Personen Diskriminierung im Beruf. Das hat gesundheitliche Folgen: Betroffene leiden doppelt so oft an Herzerkrankungen wie die Restbevölkerung. Doch so weit muss es nicht kommen. Ein Coming-Out sollte 2022 weder unangenehm noch unangebracht sein und schon gar nicht Stress auslösen.
Outing ist gut für das Unternehmen
Generell ist es vielen Unternehmen heute wichtig, Flagge zu zeigen. Besonders sieht man das im Pride Month, wenn viele ihre Logos bunt gestalten und ein Zeichen der Toleranz setzen. Eine Studie der Universität zu Köln hat ergeben, dass es eine positive Verbindung zwischen dem Diversity Management, der Unternehmenskultur und dem Outing gibt.
Wenn man sich nicht ständig damit befassen muss, einen essentiellen Teil der eigenen Persönlichkeit den anderen vorzuenthalten, hat man mehr Energie und Zeit für die eigentlichen Aufgaben.
Deshalb wird Unternehmen auch empfohlen, offen damit umzugehen und den Mitarbeiter*innen zu kommunizieren, dass es völlig in Ordnung ist, wie und was man ist. „Wenn man sich nicht ständig damit befassen muss, einen essentiellen Teil der eigenen Persönlichkeit den anderen vorzuenthalten, hat man mehr Energie und Zeit für die eigentlichen Aufgaben”, so Dr. Gröning. Das kommt auch dem Unternehmen zugute und daher ist es wichtig, dass diese Offenheit tatsächlich gelebt wird. Beispielsweise indem es auch viele LGBTQIA+-Führungskräfte gibt.
Sensibilisierung für das Thema
Damit sich LGBTQIA+-Personen im Betrieb wohl fühlen, werden auch Workshops empfohlen, die zur Sensibilisierung beitragen. „Vor allem Führungskräfte können von solchen Workshops profitieren, indem sie lernen, wie sie mit Coming-Outs und sexuellen Identitäten am besten umgehen, und so für das Thema Diskriminierung sensibilisiert werden. Denn auch unbewusste Diskriminierung kann verletzen. Deswegen ist es wichtig, über solche Themen aufzuklären und zu sensibilisieren.”
Ist ein Coming-Out überhaupt zeitgemäß?
Personen der LGBTQIA+ Community haben manchmal den Eindruck, sich das ganze Leben outen zu müssen, während es Heterosexuelle nicht müssen. Es steht einem auch nicht auf der Stirn geschrieben, was man ist, und wieso sollte die Sexualität so eine wichtige Rolle spielen, dass man darüber mit allen reden muss? Mit jeder neuen Arbeit ein neues Coming-Out – wird das nicht anstrengend? „Die Entscheidung sollte immer bei einem selbst liegen und aus der eigenen Überzeugung heraus getroffen werden.
Je offener man ist, desto leichter kann man auch ein Umfeld gestalten, in welchem man sich wohl fühlt und das zur eigenen Person passt. Das führt zu mehr Wohlbefinden und auch Zufriedenheit – auch im Job.
Ein dauerhaftes Gefühl der Angst oder das bedrückende Gefühl, etwas verstecken zu müssen, kann sich langfristig auf die eigene mentale Gesundheit auswirken. Hier kann es helfen, sich zu öffnen. Je offener man ist, desto leichter kann man auch ein Umfeld gestalten, in welchem man sich wohl fühlt und das zur eigenen Person passt. Das führt zu mehr Wohlbefinden und auch Zufriedenheit – auch im Job.”
5 Tipps für Unternehmen vom Arbeitspsychologen Dr.rer.nat. Christopher Gröning:
- Ressourcen & Zeit zur Verfügung stellen für Fortbildungen, wie beispielsweise themenspezifische Impulsvorträge und Workshops.
- Diskriminierungskritischen Blick für die eigenen Strukturen schaffen: Wo könnte bewusste oder unbewusste Diskriminierung stattfinden?
- Unterstützungsmöglichkeiten anbieten für Outings, wie beispielsweise Unterstützungsgruppen, Empowerment, Vertrauenspersonen.
- Sichtbarkeit für Diversität fördern, unter anderem durch Unternehmenskultur und Repräsentation im Marketing.
- Offene Kultur fördern, in der es möglich ist, offen über sexuelle Identität sprechen zu können, aber niemand sich dazu gezwungen fühlt — nach der Devise: Alles kann, nichts muss.
Quellen
https://www.bbc.com/worklife/article/20210526-the-risks-of-coming-out-at-work
https://www.hrc.org/resources/coming-out-at-work
https://www.themuse.com/amp/advice/how-to-come-out-at-work
https://www.cnbc.com/amp/2019/06/28/what-to-expect-if-you-come-out-at-work.html
https://www.aktiv-online.de/news/coming-out-im-job-wie-ist-das-heute-15936
https://www.aktiv-online.de/news/coming-out-im-job-wie-ist-das-heute-15936