Viele Männer scheuen sich auch im Jahr 2021 noch davor, offen über ihre mentalen Probleme zu sprechen oder einen Arzt aufzusuchen – zu groß sind Schamgefühl und Unsicherheit. Dabei spielt die psychische Gesundheit in unserer schnelllebigen Gesellschaft eine tragende Rolle.
Die häufigsten Diagnosen sind Angst- und depressive Störungen.
Ein aktueller Report der Online-Arztpraxis Zava zeigt: Allein in Deutschland erfüllt mehr als jeder vierte Erwachsene im Zeitraum eines Jahres die theoretischen Kriterien für eine psychische Störung. Zu den häufigsten Merkmalen zählen Depressionen, Alkoholsucht, Zwangs- und Angststörungen.
Laut einer Analyse der Techniker Krankenkasse und der DAK steigen die Krankschreibungen aufgrund von psychiatrischen Diagnosen seit Jahren. Laut DAK nehmen die Fehlzeiten zwar bei beiden Geschlechtern mit steigendem Alter zu, jedoch reichen Männer deutlich weniger Krankschreibungen ein als ihre Kolleginnen.
Während innerhalb eines Jahres 328 Fehltage auf 100 weibliche Versicherte kamen, waren es bei Männern lediglich 203 Fehltage. Die häufigsten Diagnosen: Angst- und depressive Störungen.
Das könnte dich auch interessieren: Nicht nur für Pflegekräfte: 10 Tipps gegen Burnout
Doch betreffen psychische Erkrankungen Männer tatsächlich häufiger? Das ist eher unwahrscheinlich. Vielmehr erklärt sich der Unterschied teils durch die noch immer verbreiteten Rollenstereotypen. Außerdem suchen Frauen im Durchschnitt frühzeitiger einen Arzt auf.
Das macht mentale Probleme schneller erkenn- und behandelbar und führt zu einer häufigeren Diagnose. Experten vermuten daher, dass die Dunkelziffer an psychisch erkrankten Männern in Wahrheit deutlich höher ist.
Volkskrankheit Burnout-Syndrom: Wenn Arbeit krank macht
Auch das Burnout-Syndrom entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einer regelrechten Volkskrankheit. Burnout ist der Oberbegriff für verschiedene persönliche Krisen, welche als Reaktion auf lang andauernde Überlastung und Stress auftreten. Jede zweite Person in Deutschland glaubt einer Umfrage aus dem Jahr 2018 zufolge, sie sei von Burnout bedroht.
Einer von vier Befragten gab an, sich durch die ständige Erreichbarkeit am Arbeitsplatz in Hektik versetzen zu lassen.
Die häufigsten Gründe dafür waren Zeitdruck und emotionaler Stress am Arbeitsplatz. Auch Überstunden und ein schlechtes Arbeitsklima wirken sich demnach negativ auf die Psyche aus. Einer von vier Befragten gab an, sich durch die ständige Erreichbarkeit am Arbeitsplatz in Hektik versetzen zu lassen.
Wie lässt sich ein Burnout-Syndrom vorbeugen?
Hierbei ist der wichtigste Punkt, die eigenen Grenzen – sowohl mentaler als auch körperlicher Natur – zu erkennen und zu akzeptieren. Wer diese über einen längeren Zeitraum ignoriert und überschreitet, erhöht das Burnout-Risiko. Zur Prävention ist es wichtig, neben der Arbeit auch die persönliche Zufriedenheit nicht außer Acht zu lassen. Folgende Aspekte gilt es daher nicht zu vernachlässigen:
- genügend Zeit für Freizeit
- ausreichend Schlaf
- viel Bewegung
- gesunde, ausgewogene Ernährung
- Genussmittel wie z. B. Alkohol oder Kaffee in Maßen konsumieren oder ganz darauf verzichten
- soziale Kontakte
- Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Meditation oder progressive Muskelentspannung
Das könnte dich auch interessieren: Fitness Ü40? So passt du das Training deinem Alter an
Für eine optimale Work-Life-Balance gibt Frau Dr. Ulrike Thieme, Ärztin und stellv. Ärztliche Leiterin bei ZAVA diese 6 Tipps:
Tipp 1: Zeit richtig priorisieren
Falsches Zeitmanagement stellt einen der Hauptgründe für Überarbeitung dar. Umso wichtiger ist es, über den Tag hinweg genügend Zeit für eine oder mehrere Pausen einzuplanen und Multitasking zu vermeiden.
Tipp 2: Ruhezeiten einhalten
Es gilt den Feierabend für private Aktivitäten zu nutzen und abzuschalten. Dienstliche Anrufe entgegenzunehmen oder Mails zu beantworten, gilt es nach der Arbeit unbedingt zu vermeiden.
Tipp 3: Über Herausforderungen sprechen
Herausforderungen und Probleme lassen sich nur meistern, wenn sie aktiv angesprochen und thematisiert werden. Das gilt sowohl für das Arbeits- als auch das Berufsleben.
Tipp 4: „Nein” sagen
Auch wenn es schwerfällt: „Nein“ sagen ist essenziell, um die mentale Gesundheit vor Überarbeitung und einem drohenden Burnout zu schützen. Wer „Nein“ sagt, sagt gleichzeitig „Ja“ zur eigenen Gesundheit und setzt diese an erste Stelle.
Tipp 5: Eigene Ziele verfolgen
Neben den beruflichen, gilt es auch die privaten Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Ganz gleich, ob sportliche Erfolge oder der lang ersehnte Hausbau – private Ziele zu fokussieren und schließlich zu erreichen, schafft einen optimalen Ausgleich zum Arbeitsalltag.
Tipp 6: Realistische Zielsetzungen
Um Frust und Demotivation zu vermeiden, gilt es sich realistische Ziele zu setzen. Auch wenn der eigene Ehrgeiz höhere Maßstäbe setzt – die persönlichen Grenzen haben Priorität.
Psychische Probleme erkennen und angehen
Der Gang zum Arzt fällt vielen Männern mit psychischen Problemen schwer - dennoch gibt es zahlreiche Quellen mit Informationen und Hilfestellungen. Folgende Möglichkeiten ersetzen zwar keine ärztliche Diagnose, können aber durchaus ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Besserung sein.
- Online-Beratung: Mehrere Plattformen bieten die Möglichkeit, sich per Video-Sprechstunde aus der Ferne mit medizinischem Fachpersonal auszutauschen.
- Informationsseiten im Internet: Google um Rat fragen, um die eigenen Symptome zu bewerten, ist in der heutigen Zeit eine gängige Vorgehensweise. Experten raten jedoch von Selbstdiagnosen ab, da nicht-wissenschaftliche Quellen schnell zu Trugschlüssen verleiten.
- Online-Foren: Der Austausch mit anderen Betroffenen ist für viele Menschen mit psychischen Problemen ein entscheidender erster Schritt. Diese können mental unterstützend wirken und zu einem Arztbesuch ermutigen.
- Einzel- und Gruppenchats: Auch hier erfolgt oft ein Austausch, bei dem sich Tipps und Ratschläge im Umgang mit psychischen Problemen weitergeben lassen.
- Apps: Aktuell existieren etwa 20.000 Apps zum Thema Mental Health. Diese können unter anderem Anreize schaffen, eine Therapie zu beginnen und während der Behandlung unterstützend wirken.