Foto: N. Müller
Der Dichter aus Berlin-Steglitz-Zehlendorf veröffentlichte unlängst seinen zweiten Gedichtband „Zugvögel wie du und ich“. Inspiration war dabei unter anderem seine Erfahrungen, zum Beispiel die Auswirkungen seiner Schulzeit auf sein Dating-Verhalten als Erwachsener. Wir chatteten mit dem Künstler.
Welches Gedicht war für dich das wichtigste bisher? Das ist schwer zu beantworten, da Gedichte für mich wie Tagebucheinträge sind, auf die ich immer wieder gerne zurückgreife. In „Zugvögel wie du und ich“ gibt es aber ein Gedicht über mein Outing vor meinen Eltern, das mir sehr wichtig ist. Es handelt davon, was für ein großes Privileg es ist, dass meine Familie tolerant hinter mir steht, während andere queere Personen von ihrer Familie verstoßen werden.
Gibt es Künstler*innen, die dich inspiriert haben? Ich mag den Schreibstil von Rupi Kaur sehr gerne, da sie eine gute Balance zwischen stilistisch hochwertigen, aber verständlichen Gedichten findet. Ansonsten werde ich besonders von Songwriterinnen wie Taylor Swift, Fletcher oder Nina Nesbitt inspiriert, da sie sehr ehrlich über ihre Gefühle schreiben und damit bei mir mitten ins Herz treffen. Aus diesem Grund schreibe ich in meinen Gedichten offen über meine Emotionen, was meine Leser*innen sehr schätzen.
Außer Dating, wovon handeln deine Werke? In meinen Gedichtbänden geht es auch viel darum sich selbst besser kennenzulernen. In meinem ersten Gedichtband, „Zurück zu mir und darüber hinaus“, schreibe ich zum Beispiel über die Suche nach meiner Sexualität und einem gesunden Körpergefühl. In „Zugvögel wie du und ich“ wiederum greife ich auch Geschichten anderer auf, wie die Flucht meiner Oma aus Schlesien im zweiten Weltkrieg oder die Sehnsucht eines mit einer Frau verheirateten Mannes nach gleichgeschlechtlicher Intimität.
Wie beurteilst du als queerer Künstler das Erstarken populistischer Parteien? Es beunruhigt mich. Ich habe das Glück, außer in meiner Schulzeit, wenig homophobe Anfeindungen erfahren zu haben. Da höre ich von Freunden aus der Community regelmäßig ganz andere Geschichten. Das Erstarken populistischer Parteien könnte die allgemeine Stimmung in der Bevölkerung bezüglich queerer Menschen negativ beeinflussen. Ein Beispiel dafür waren die Gegenproteste Rechtsextremer während des CSD in Dresden. Daher habe ich Sorge bestimmte Persönlichkeitsrechte wie die Ehe für alle zu verlieren, falls populistische Parteien zukünftig an Einfluss gewännen.
Kann Kunst da etwas bewirken? Ich denke schon. Kunst kann eine Brücke der Verständigung sein. Die demokratischen Parteien haben lange den Kurs gefahren populistische Parteien aus dem Diskurs auszuschließen. Damit haben sie auch deren Wähler ausgeschlossen. Es ist wichtig auf die Ängste derer einzugehen, die populistische Parteien gewählt haben, um ihnen neue Perspektiven und Alternativen aufzuzeigen. Gedichte können in wenigen Worten viel aussagen und damit die Lesenden zum Nachdenken anregen. Deswegen finden sich in meinem zweiten Gedichtband auch mehr politische Gedichte als noch in meinem ersten.
*Interview: Michael Rädel
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