Foto: Kristijan Matić
René Wüst
Haustiere entspannen, aber auch Tierfilme und die Natur allgemein. Entspannung ist genau das, was der gestresste Großstädter zwingend braucht. Und was wäre ein Tag ohne spaßige GIFs, in denen unsere gefiederten Genossen Blödes tun oder Weises verkünden? Wir sprachen mit René Wüst, seines Zeichens Verleger und Verlagsleiter sowie der Herausgeber des Magazins „Gefiederte Welt“.
Wie kamst du zu deiner Arbeit? Es ist ja kein Allerweltsjob.
Die Leidenschaft für Vögel hat mich bereits im Kindesalter ergriffen. Auf der Wiege saß der zahme Wellensittich. Das ist als Bild in der Familie festgehalten. Mit 14 Jahren absolvierte ich die damals noch notwendige Prüfung für eine amtlich anerkannte Vogelzucht. Ich begann dann bald, erste Artikel zur Vogelhaltung zu veröffentlichen und mich im internationalen Artenschutz zu engagieren. Das Interesse an Freilandbeobachtung und Naturfotografie kam hinzu und dabei lernte ich den vorherigen Inhaber des Verlages kennen. Jahrzehnte später bot mir dieser den Kauf seines Verlages und des zugehörigen Fachbuchhandels an. Ich habe Ja gesagt, denn es hat alles gepasst: Mein persönliches Interesse, langjährige Erfahrung im Fachgebiet und mein kaufmännischer Hintergrund, um das Unternehmen zu führen.
Viel reisen gehört zu deiner Position dazu, oder?
Ja, zum einen sind das die Reisen in die Herkunftsgebiete der Vögel, um sie im Freiland zu beobachten und zu fotografieren. Bei über fünfzig außereuropäischen Expeditionen war ich schon dabei. Zum anderen sind es nicht weniger geschäftliche Reisen zu Geschäftspartnern, Kongressen oder auch unseren selbst veranstalteten Seminaren. Die Vogelhaltung ist ein internationales Phänomen und gerade professionelle Halter und Züchter sind weltweit miteinander vernetzt. Zu Corona-Zeiten haben wir das natürlich stärker digitalisiert und es sind weniger Reisen gefragt.
Wie sieht eine normale Arbeitswoche für dich aus?
Das ist im Vergleich zu den Expeditionen die bodenständige kaufmännische oder organisatorische Arbeit eines Verlagsleiters. Zum Beispiel Controlling, Personalthemen, Arbeitsprozesse und nicht zu vergessen der Austausch mit unseren Redaktionen und Kunden. Besondere Freude bereitet mir die Fortentwicklung unserer Neuheiten. Darunter druckfrische Bücher oder Sonderhefte und die verlagseigene Akademie.
Bleibt da noch Zeit für deinen Mann?
Ich habe sehr viel Glück, dass mein Mann sich ebenfalls für Tiere und Pflanzen interessiert und er mir immer den Rücken stärkt – immerhin bereits seit 15 Jahren. Mir macht meine Arbeit Spaß und er muss mich des Öfteren daran erinnern, dass es nicht nur Arbeit gibt. Da er aber selbst mit seiner Goldschmiede ein „Macher“ ist, bringt er mir viel Verständnis entgegen. Ich denke, wir sind ein gutes Team und ergänzen uns in vielen Lebensbereichen prima.
Welches Land bereist du besonders gerne?
Kolumbien ist eines meiner Lieblingsländer. Bereits seit 2005, also noch zur aktiven Zeit der F.A.R.C. (Guerillabewegung) begann ich in nahezu alle Teile des Landes zu reisen und lernte neben den Problemen die Biodiversität und die atemberaubenden vielfältigen Landschaften von der Karibikküste, mit den bedrohten Trockenwäldern, über das Anden-Hochland mit dem höchsten Küstengebirge der Welt (5.775 Meter) bis zum Tieflandregenwald im Amazonas kennen. Ich bin zwar kein Fan von Maisspeisen, aber kulinarisch wird viel mehr geboten. Da sich in der Neuzeit die Sicherheitslage in weiten Teilen des Landes enorm entspannt hat, kann ich Kolumbien, wenn wieder einigermaßen normal gereist werden kann, sehr empfehlen.
Hast du denn einen Lieblingspapagei?
Oh ja, natürlich, wobei es bei der Artenvielfalt der Papageienfamilie recht schwerfällt, mich auf eine Art zu begrenzen. Die gesamte Familie der Kakadus, hier vor allem den Orangehaubenkakadu oder den Palmkakadu, mag ich sehr gerne. Außerdem die Gattung der Unzertrennlichen, die umgangssprachlich auch als Liebesvögel bekannt sind.
Denkst du, dass die Community ungewöhnliche Haustiere besonders schätzt und womöglich auch besitzt?
Das denke ich nicht nur, sondern das zeigt mir meine langjährige Erfahrung in diesem Bereich. Den Anteil an Haustierbesitzern würde ich in der Community als überdurchschnittlich einschätzen. Dabei begegnet mir vielfach eine einfühlsame Pflege der Tiere und eine liebevolle Integration in die Familie.
Welchen Papagei würdest du Anfängern empfehlen? Oder gleich zwei?
Bei haltungsrelevanten Papageienarten sind es, aufgrund des Tierwohls, immer zwei! Bitte keine Einzelhaltung, denn das tut dem Vogel nicht gut. Mit kleineren Sitticharten wie z. B. Wellen- oder Nymphensittichen kann man sehr gut erste Erfahrungen sammeln. Es kommt eben auf die Motivation der Vogelhaltung an: Möchte man lediglich Vögel halten oder ggf. sogar auch mal vermehren? Vor jeder Anschaffung sollte man sich gründlich informieren. Da ist sicher das Schwarmwissen in den Foren des Internets. Viele engagierte Menschen sind da unterwegs, aber nicht jeder ist ein echter „Experte“. Daher empfehle ich immer geprüfte Fachbücher oder aktuelle Zeitschriften, um sich ein eigenes, fundiertes Wissen anzueignen.
*Interview: Michael Rädel