Robert James-Collier hat es nicht einfach. Als Butler Thomas Barrow hat der Schauspieler gleichzeitig die schwierigste und eine der unsympathischsten Rollen in Downton Abbey. Dass wir, und Millionen Fans auf der ganzen Welt, Thomas trotzdem lieben, beweist nur, wie gut James-Collier wirklich ist. Und zwar auch in der fünften Staffel, die jetzt auf DVD und Blu-Ray erscheint.
Der Star regt sich in Interviews auch schon mal auf: Nein, er wird nur missverstanden, er ist nicht böse. Seien Sie mal zu Beginn des letzten Jahrhunderts schwul, das war kein Zuckerschlecken. Im Gegenteil: Es war illegal und führte zu viel, viel Unglück in vielen Leben. Und das trifft Thomas in der fünften Staffel mit voller Härte. Es war natürlich schrecklich, dass ihm das passiert ist. Aber ich habe mich sehr gefreut, es spielen zu dürfen. Zu sagen, dass er böse ist, ist Quatsch. Er ist zu Recht frustriert und natürlich untervögelt, das ist alles.
Recht hat er, denn es ist so: Auf manche mag Downton Abbey auch nach sechs Jahren noch so wirken, als ginge es bei all dem nur um das unfassbare Haus, die fantastischen Kostüme und Maggie Smiths Sprüche als Dowager Countess in der besten Soap-Opera der Welt. Und natürlich geht es um all das, und natürlich hat Downton Abbey soapige Anteile. Aber die Serie ist nicht deswegen ein weltweiter Erfolg bei Publikum und Kritikern, sondern weil sie eine genaue Beschreibung der Klassendynamiken vor dem Zweiten Weltkrieg ist, Humor hat und für queere Zuschauer etwas Einzigartiges bereithält: die Beobachtung eines schwulen Lebens zu einer Zeit, in der Homosexualität illegal war und das über viele, viele Jahre. So etwas hat es wirklich noch nie gegeben. Rob James-Collier weiß, dass er in acht Folgen und einem Weihnachts-Special pro Jahr ständig Neuland betritt, wenn auch in hinreißend altmodischer Garderobe.
In Staffel fünf durchlebt die Figur, und damit ihr Darsteller, etwas, das so in der gesamten Film- und TV-Landschaft bislang nur ein einziges Mal angedeutet worden ist. Im Klassiker Maurice versuchte der Titelheld vor 25 Jahren kurz, seine Homosexualität per Tinktur zu heilen, um das dann ganz schnell wieder zu lassen. Thomas zieht es durch und wird davon sehr, sehr krank. Er vergiftet sich, weil er einem Londoner Quacksalber glaubt. Bis er zu einem fortschrittlichen Arzt findet, der ihm sagt, die Natur habe ihn so gemacht und er müsse damit leben.
Serienerfinder Julian Fellows hat ein starkes Bild dafür gefunden, was geschieht, wenn man nicht zu dem steht, was man ist. Das will Robert James-Collier nicht so stehen lassen: Was soll er denn sonst tun? Wir schreiben 1924, es sind noch 44 Jahre bis Stonewall! Thomas ist nicht mehr der Allerjüngste und begreift langsam, dass er sich vielleicht nie glücklich verlieben darf. Also versucht er, daran etwas zu ändern: sich. Was Autoren und Ensemble hieraus machen, ist in seiner Zartheit anrührend. Es hat die Serie schon immer ausgezeichnet hat, dass mit Thomas Homosexualität irgendwie offen umgegangen wird. Egal ob er sich in Kollegen verliebt, einen ihm zugetanen Lord erpresst oder sagt: Ich bin anders als Sie, aber ich bin nicht schlecht, die anderen Figuren unterstützen seinen Stolz und seine Selbstbehauptung, weil er Teil der Familie ist. Vielleicht nicht deren liebstes Kind, aber er gehört dazu. Damit gelingt hier etwas, das man unbedingt gesehen haben muss, denn die Figur ist in ihrer Komplexität und in ihren Schwierigkeiten ein durch und durch schwuler Held, auch wenn es auf den ersten Blick wenig heldenhaft wirken mag, was er da tut. Gerade im Pride-Monat Juli gibt es vielleicht kein spannenderes TV für schwule Männer als die fünfte Staffel von Downton Abbey.