Foto: cmv-Laservision
For my Brother
Kindesmissbrauch in der Familie ist durch die grauenhaften Berichte rund um einen Campingplatz im Landkreis Hameln in aller Munde. Der Film „For My Brother“ von Brian Bang ist nichts für Menschen, die ein bisschen nette Unterhaltung suchen. Unser Gastautor Dr. Stefan Hölscher hat ihn sich angesehen.
Dieser Film ist nichts für Menschen, die ein bisschen nette Unterhaltung suchen. „For My Brother“, der neue und vor Kurzem auf DVD erschienene Film von Brian Bang, schildert das Leben des 17-jährigen Aske (gespielt von Elias Munk), den sein alkoholkranker Vater (gespielt von Allan Karlsen), wenn er ihn nicht selbst missbraucht, gegen Geld an seine pädophilen Bekannten übergibt und in Pornovideos auftreten lässt. Dies ist Aske’s Schicksal oder passender gesagt Martyrium seit seiner Kindheit, zementiert durch den Unfalltod seiner Mutter, den er mit ansehen musste, während diese versuchte, ihn vor einem durch seinen Vater eingefädelten Missbrauch zu retten.
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For my Brother
Der Film steigt mit aller Direktheit und Härte in sein Thema ein und bleibt von der ersten bis zur letzten Minute in einer Weise eindringlich, die dem Zuschauer unter die Haut geht. Das Einzige in Askes Leben, was von Geborgenheit und Vertrauen geprägt ist, ist das Zusammensein mit seinem 12-jährigen Bruder Bastian (gespielt von Christopher Friis Jensen), den Aske liebevoll zärtlich beschützt, um den grausamen Alltag in seiner Familie von ihm so fern wie möglich zu halten und ihm ein Schicksal, wie er es erlebt, zu ersparen. Als Aske entdecken muss, dass sein Vater sich auch an seinem Bruder vergeht, bricht er innerlich zusammen und die familiäre Katastrophe nimmt unweigerlich Ihren Lauf.
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For my Brother
Bang realisiert seinen Film mit einfachen Mitteln. Die schauspielerischen Leistungen seiner Hauptakteure sind nicht durchweg glänzend. Elias Munk verkörpert den sensiblen und verstörten Aske zwar grundsätzlich sehr gut; er ist in seinem Ausdruck aber eher wenig variabel. Ähnlich Christopher Friis Jensen als jüngerer Bruder. Schauspielerisch überzeugender sind hier Allan Karlsen als Askes Vater und vor allem der gleich zu Beginn auftretende Frank Schiellerup als Pädophiler. Auch der Schnitt in Bangs Film ruckelt gelegentlich ein wenig.
Gleichwohl hält der Film den Zuschauer in Atem. Und dies trotz seiner Länge von etwa zwei Stunden und trotz der Vorhersagbarkeit der Wende- und Höhepunkte im Plot. Was hier das Eindringliche bewirkt, ist die absolute Schonungslosigkeit, mit der das Thema Missbrauch im familiären Alltag präsentiert wird. Die Radikalität und Konsequenz, mit der der Film den Zuschauer in die Welt des alltäglichen Missbrauchterrors hineinzieht, hinterlässt Bilder und Spuren, die einen so schnell nicht wieder in Ruhe lassen werden.
Das ist keine hübsche Abendunterhaltung, aber ein vehementer Beitrag zu dem Thema.
*Stefan Hölscher (Dr. phil., Dipl. Psych., M.A.), arbeitet als Managementberater, Trainer, Coach und Autor. Als Autor schreibt er Bücher und Beiträge zu Psychologie, Management, Lyrik, Aphorismen und queeren Themen. Stefan Hölscher bei Amazon.