Foto: H. Ohsten
Mads Mikkelsen
Man übertreibt wohl nicht, wenn man Mads Mikkelsen als den berühmtesten Schauspieler Dänemarks bezeichnet. Nach dem Ende seiner Tänzerkarriere widmete sich der heute 53-Jährige ab Mitte der Neunzigerjahre der Schauspielerei und feierte mit Filmen wie „Pusher“, „Dänische Delikatessen“ oder Susanne Biers Oscar-nominiertem Drama „Nach der Hochzeit“ schnell erste Erfolge.
International startete Mikkelsen als Bond-Bösewicht in „Casino Royale“ durch, gefolgt unter anderem von so unterschiedlichen Filmen wie „Die Königin und der Leibarzt“, „Doctor Strange“, „Rogue One – A Star Wars Story“ sowie der Serie „Hannibal“. Für das dänische Drama „Die Jagd“ wurde er beim Festival in Cannes als bester Darsteller geehrt, in seiner Heimat außerdem zum Ritter geschlagen. Aktuell ist der Vater zweier erwachsener Kinder gleich mit zwei Filmen in den Kinos zu sehen, in der Hollywood-Produktion „Chaos Walking“ mit Tom Holland sowie in Thomas Vinterbergs Oscar-prämiertem dänischen Drama „Der Rausch“.
Herr Mikkelsen, was war Ihre erste Reaktion, als Thomas Vinterberg Ihnen erzählte, dass er mit Ihnen einen Film über Alkohol drehen will?
Es ist schon ziemlich lange her, dass er mir seine ersten Ideen präsentierte. Das muss ein gutes Jahr nach unserem ersten gemeinsamen Film „Die Jagd“ gewesen sein. Was ihm damals vorschwebte, war tatsächlich viel mehr ein Film über Alkohol, als es „Der Rausch“ jetzt geworden ist. Und eine vollkommen andere Geschichte: Da sollte ich einen Fluglotsen spielen, und alles war eher auf Slapstick ausgerichtet. Daraus geworden ist ja jetzt ein Film, der weniger von Hochprozentigem erzählt als davon, dass man das Leben nicht an sich vorbeiziehen lassen, im Moment leben und alle seine Chancen nutzen sollte. Was mir gut gefällt!
Haben Sie durch die Rolle Ihren eigenen Alkoholkonsum oder Ihre Lebenseinstellung hinterfragt?
Nicht wirklich. Die Parallelen zwischen meinem Leben und dem der Männer im Film halten sich sehr in Grenzen. Bei denen ist der Zug abgefahren und sie sind nicht rechtzeitig eingestiegen. Deswegen sind sie frustriert. Davon kann bei mir keine Rede sein, zum Glück ist mein Leben erfüllt und glücklich. Deswegen gab’s da für mich nichts zu lernen. Auch nicht in Sachen Alkohol. Dass man sich nach ein oder zwei Gläsern mutiger, freier und manchmal sogar klüger fühlt, das wusste ich auch vorher schon. Genauso wie dass es nach dem dritten Glas auch nach hinten losgehen kann.
Fällt Ihnen selbst das Älterwerden leicht?
Ach, Alter ist doch bloß eine Zahl. Ich würde es albern finden, mich dagegen zu sträuben, denn man kann ja nichts dran ändern. Man hat nur die Wahl, entweder verkrampft und verschämt damit umzugehen – oder das Älterwerden entspannt zu akzeptieren. Meine Taktik ist Letzteres, denn ich freue mich darüber, dass ich älter werden darf. Besser als jung sterben, oder?
Egal ob im Alltag oder im Beruf: Sind Sie generell gut darin, Entscheidungen zu treffen?
Manche Wahl, die man im Leben zu treffen hat, ist leichter als andere. Deswegen kann ich nicht pauschal sagen: „Ja, ich bin immer entscheidungsfreudig.“ Oder: „Nein, ich bin ein Zauderer.“ Ich kenne wirklich beides, je nach Situation. Aber wenn die Entscheidung mal getroffen ist, bin ich niemand, der ständig zurückblickt.
Tatsächlich?
Ich reite wenig herum auf Dingen, die in der Vergangenheit liegen. Das gilt für Erfolge genauso wie für Misserfolge. Ohne Frage gibt es einiges in meinem Leben, was ich anders machen würde, wenn ich noch einmal die Chance dazu bekäme. Aber da das keine Option ist, bringt es auch nichts, sich ewig den Kopf darüber zu zerbrechen. Außerdem ist es ebenso banal wie richtig, dass auch die falschen Entscheidungen zum Leben dazugehören. Ich habe nicht vor, Ihnen ein Beispiel zu nennen, aber natürlich gab es in meinem Leben einige wirklich wichtige Fehler, die ich wohl einfach machen musste.
Und wie steht es mit den richtigen Entscheidungen, die Sie getroffen haben? Würden Sie zum Beispiel verraten, welche Ihrer eigenen Filme Ihnen selbst am meisten am Herzen liegen?
Es gibt natürlich einige Arbeiten, die für mich viel wichtiger sind und waren als andere. Aber haben Sie schon einmal erlebt, dass Ihnen auf eine solche Frage ein Schauspieler eine ehrliche Antwort gegeben hat? Ich jedenfalls möchte niemanden enttäuschen, mit dem ich zusammengearbeitet habe, nur weil ich seinen oder ihren Film jetzt nicht nenne. Abgesehen davon kommen ja immer wieder neue hinzu, weswegen sich eine solche Liste ohnehin ständig verändert.
Was würden Ihr Sohn und Ihre Tochter sagen, wenn wir nach Papas coolstem Job fragen würden?
Wahrscheinlich bekämen Sie gar keinen Filmtitel genannt. Ich glaube, die beiden fanden viel cooler, dass ich im Video zu Rihannas „Bitch Better Have My Money“ mitgespielt habe.
Sie selbst haben auf jeden Fall schon oft geäußert, wie wichtig für Sie die Arbeit an der Serie „Hannibal“ war. Wären Sie offen dafür, den Dr. Lecter noch mal in einer Fortsetzung zu spielen?
Definitiv! „Hannibal“ war etwas Einmaliges und ganz Besonderes. Bryan Fullers Vision, die er tatsächlich umsetzen durfte, war noch viel radikaler, brillanter und spezieller als eigentlich alle anderen Serien dieser Tage. Und das will was heißen!
*Interview: Jonathan Fink