Foto: Adam Moco
Adam Moco
Andrew
Der Fotograf setzt sich kritisch mit dem Verhalten von Männern in der Online-Welt auseinander. Dazu startete er auch vor einiger Zeit ein sehr erfolgreiches Fotoprojekt: BARE. Wir erreichten ihn in Lissabon.
Bei deinem Projekt BARE geht es um Bodyshaming, richtig? Wie kam es denn dazu?
Meine Porträtserie „Tryst Pic“ habe ich 2013 begonnen. Die hat mich seitdem mit Männern auf der ganzen Welt verbunden, und zwar durch die Nutzung standortbezogener Dating-Apps wie Grindr, Scruff und Tinder. Dank dieser Apps konnte ich die Männer außerhalb eines sexuellen Kontexts treffen, sie in ihrer eigenen Umgebung aufsuchen und sie auf ehrliche und intime Weise fotografieren, um damit die Menschen hinter den App-Profilen zu zeigen. BARE baut auf Tryst Pic auf und eröffnet einen ungefilterten und schamfreien Blick auf die Schönheit und Verletzlichkeit des männlichen Körpers und ist damit meine Antwort auf das Bodyshaming und das viel Unsicherheit verursachende Wesen von Online-Datingprofilen. Ich habe BARE gestartet, um der männlichen queeren Community ein positives Körpergefühl zu vermitteln und deren viele verschiedene Körperformen und -größen zu zelebrieren. Ich bin besorgt darüber, dass die Profile vieler User so restriktiv und rüde formuliert sind, wenn es um persönliche Präferenzen geht. Vorlieben zu haben, ist ja nicht verwerflich, aber wie sie oft ausgedrückt werden, ist einfach falsch. Es ist heute so einfach, sich hinter der Technik zu verstecken und die Leute hinter dem Foto zu entmenschlichen. Ich glaube, die meisten Leute, die ihre Präferenzen auf ihren Profilen so rau angeben, würden nicht auf die Idee kommen, einem anderen Menschen von Angesicht zu Angesicht zu sagen „Sorry, keine Fetten“, oder „Keine Tunten“ oder „Keine Asiaten“. Es gibt einen Unterschied zwischen persönlichen Vorlieben einerseits und unverblümtem Rassismus oder ähnlicher Diskriminierung andererseits – und nur Letzteres ist wirklich problematisch. Mit BARE schaffe ich eine integrative Plattform für alle, die ihren Körper so feiern wollen, wie er ist.
Glaubst du, Kunst kann Leute dazu bringen, netter zueinander zu sein?
Mit Kunst kann man viele ganz verschiedene Menschen erreichen, und wenn das gelingt, öffnet man ihr Bewusstsein für Dinge, über die sie vorher noch nie nachgedacht haben. Ob sie zustimmen oder nicht, auf jeden Fall beschäftigen sie sich damit und das ist schon das eigentliche Ziel meiner Kunst. Im speziellen Fall von BARE hätte ich gerne, dass die Menschen, die es gesehen haben, danach einfach netter durchs Leben gehen, insbesondere bei der Benutzung von Dating-Apps. Mit offeneren Herzen und in freundlicherem Umgang mit anderen Mitgliedern unserer Community.
Muss Kunst immer auch einen politischen Aspekt haben?
Ich liebe gute politische Kunst, aber Kunst als solche muss meines Erachtens nicht immer politisch sein. Das liegt immer in der Entscheidung des Künstlers, wie er sein Œuvre gerne wahrgenommen haben möchte.
Was sind deine Pläne für den Frühling 2018?
Ich bin bereit, etwas ganz Neues und Frisches auf dem Gebiet der Fotografie zu kreieren. Ich arbeite an ein paar neuen Ideen für meine beiden Kunstformen – Fotografie und Drag. Ich bin nach Lissabon gezogen, um an meiner Kunst zu arbeiten, und das habe ich auch gemacht. Mehr auf dem Gebiet des Drag, denn da gab es eine große Lücke hier in Lissabon. Die versuchte ich zu füllen und habe deswegen den ersten Drag-Wettbewerb ins Leben gerufen – Miss Drag Lisboa – der gerade im vergangenen November stattgefunden hat.
*Interview: Andreas Müller und Michael Rädel
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