Foto: Daniel M. Schmude
Anfang des Jahres besuchten wir den Fotografen, der unlängst in der Münchner Kunstbehandlung ausstellte, in seinem Studio in Berlin und waren sofort begeistert von seiner Umsetzung des Themas „Regenbogenfahne“. Ein guter Anlass, dir den Künstler in der CSD-Saison einmal vorzustellen.
Wie kamst du zur Fotografie?
Schon als Teenager hatte ich Schwierigkeiten, mich mit Worten auszudrücken, zu beschreiben, wie ich mich fühlte oder Dinge sah. Irgendwie wurden mir mit Worten immer Grenzen gesetzt. Bis ich die Fotografie entdeckte, und somit eine Sprache entdeckte, ohne Worte benutzen zu müssen. Mit 15 habe ich das als Hobby angefangen, und mit 24 habe ich mich entschlossen, die Ausbildung zum Fotografen zu machen. Seit dem Abschluss 2004 hab ich mich mit dem Launch Fotostudio selbstständig gemacht bis zum heutigen Tag.
Worauf legst du dabei Wert?
Unter meinen vielseitigen Interessen fasziniert mich der menschliche Körper am meisten – seine Individualität, seine Ästhetik und seine Ausdrucksmöglichkeiten. Wenn ich Menschen betrachte, sei es auf der Straße oder etwa in der Bahn, schaue ich auf ihre unterschiedliche Charakteristik und stelle mir vor, wie ich die betreffende Person fotografieren würde. Jeder Mensch hat eine spannende Geschichte zu erzählen, die sich auch in der Körpersprache ausdrückt, und jeder Mensch hat seine eigene ästhetische Schönheit.
Im Spiel von Licht und Schatten offenbaren sich versteckte Besonderheiten, die meist übersehen oder nicht erkannt werden. Es fasziniert mich immer wieder, wenn meine Models sich bei der Arbeit vor der Kamera bewusst werden oder (wieder-)erkennen, über welche ästhetischen Reize sie verfügen. Insbesondere der Zusammenhang von Identität und Sexualität treibt mich in meiner Arbeit an. Dabei interessiert mich die Perfektion weniger, gerade das Unperfekte liefert die interessanten Bilder. Darüber hinaus gibt mir Fotografie die Möglichkeit, meine Gedanken auszudrücken, auf soziale Schieflagen aufmerksam zu machen und die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten – vielleicht auch zu provozieren.
Und wie kommst du an deine Models?
Früher waren es Freunde und Familie, später halfen die sozialen Medien wie PlanetRomeo und heutzutage Facebook und Instagram. Nach über 14 Jahren fotografischer Arbeit werde ich jetzt oft von den Models angesprochen, die anbieten, in meinen Projekten mitzumachen.
Wie entstand die Idee zu der hier abgebildeten Bildstrecke?
Drei Faktoren haben mich dazu bewegt, diese Bildstrecke zu kreieren. Es war in der Zeit, in der verstärkt die schrecklichen Berichte über Polizeierschießungen von dunkelhäutigen Menschen in den USA in den Medien zu sehen waren, die politischen Unruhen vieler Länder, in der konservative Parteien an Stärke gewonnen, und der Mord an einem Bekannten. Als Fotograf, der seine Kamera oft auf dunkelhäutige Menschen richtet, musste ich auf die Darstellung von Bildern zurückgreifen, um mir einen Sinn über diese Themen zu geben. Das Projekt begann mit einer einfachen Frage: Was ist Farbe? Ist eine Hautfarbe überhaupt eine Farbe? Angefangen habe ich damit, dunkelhäutige Männer vor acht „echte“ Farben zu setzen. Danach habe ich mich mit diesen acht Farben beschäftigt und musste feststellen, dass der Künstler Gilbert Baker dieselben Farben für den Gay Freedom Day 1978 verwendet hatte. Die Bedeutung der acht ursprünglichen Farben der Pride-Flagge haben auch heute ihre Bedeutung für LGBTQ* nicht verloren, insbesondere nicht, da mir bewusst wurde, dass erkämpfte Rechte auch Gefahr laufen können, wieder weggenommen zu werden. Da alle meiner Models dieser Bildstrecke sich als schwul oder bisexuell identifizieren, wurde dadurch die ursprüngliche Bedeutung für mich erweitert und setzt diese mehr in den Fokus.