Foto: C. Rutherford
Sie schmiedet das Eisen, während es heiß ist. Ein Jahr nach ihrem Triumphalbum „Tension“ legt Kylie jetzt direkt mit der nicht minder energiegeladenen Pop-Disco-House-Electro-Sause „Tension II“ nach.
Läuft bei Kylie. Für ihren überaus infektiösen und allgegenwärtigen Electropop-Knaller „Padam Padam“ konnte sie Anfang des Jahres nicht nur einen Grammy einheimsen, sie feierte mit dem Song auch ihren größten Erfolg im Streamingzeitalter. Zu einer ultimativen Gay-Hymne avancierte „Padam Padam“ überdies, der Ausdruck an sich wurde zu einem geflügelten Wort für alles und jedes. Kylie selbst, mit 56 Jahren im – nach Popsängerinnenstandards gemessen – durchaus reiferen Alter, ist über den unverhofften Erfolg natürlich gigantisch glücklich. „Seit Neustem lieben mich sogar die Kids“, jubelt Kylie beim Interview in London. Sie ist leger gekleidet, in Jeans und Pulli, und sie bekommt das Lächeln kaum aus dem Gesicht. „Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass mich die Generation Z und sogar acht- oder neunjährige Kinder plötzlich entdecken, aber es kommen jetzt wirklich ganze Familien, manchmal sogar mit Oma und Opa.“ Ihre alten Fans – nicht zuletzt die LGBTIQ*-Community, „die immer zu mir gehalten hat und der ich wirklich von Herzen danken möchte“ – seien natürlich auch noch am Start. „Ich glaube, die Menschen freuen sich mit mir über die fantastische Zeit, die ich gerade erlebe.“
Es ist kaum nachzuhalten, ihr wievielter Karrierefrühling das gerade ist. Kylie war ja im Grunde immer schon da. 1987 feiert sie mit „The Loco-Motion“ ihren ersten Hit, da ist sie gerade zwanzig und dank ihrer Hauptrolle in der Seifenoper „Neighbours“ ohnehin bereits ein Star. Es folgen reihenweise Nummer-eins-Hits, eine unterbewertete Indie-Phase mit Stücken wie „Confide In Me“ und das große Comeback im Jahr 2000 mit „Spinning Around“ und „Can’t Get You Out Of My Head“. 2005 erkrankt die Australierin an Brustkrebs und geht mutig, nämlich sehr offen, mit der Krankheit um. In der Folge gehen deutlich mehr Frauen zur Krebsvorsorge. 2011 bekommt sie für ihre Verdienste um das Gesundheitswesen die Ehrendoktorwürde von der Angela Ruskin University in Essex, England, verliehen. „Das hat mich sehr berührt. Es bedeutet mir sehr viel, anderen Menschen Hoffnung gegeben zu haben.“
Die Karriere verläuft danach weiter in erfolgreichen und etwas ruhigeren Bahnen – bis „Padam Padam“ Kylie wieder so richtig cool macht. Dass sie so schnell mit dreizehn frischen und schnörkellosen Electro-Knallern, die „Taboo“ heißen oder „Diamonds“ oder „Kiss Bang Bang“, wieder auf die Tanzfläche bittet, hätte sie freilich selbst nicht gedacht. „Das war einer dieser schönen Unfälle“, sagt sie. „Ich war in Las Vegas, wo ich im Frühjahr zwanzig Konzerte im ‚Voltaire‘-Klub gespielt habe. In den Pausen bin ich nach Los Angeles gefahren, um dort an ein paar neuen Stücken zu arbeiten. Wir dachten, wir motzen ‚Tension‘ mit zwei neuen Nummern ein wenig auf. Doch plötzlich schrieben wir eine Nummer nach der anderen.“ Zeit zum Ausruhen habe Minogue sich zuletzt kaum gegönnt, sie war höchstens mal für eine Woche in Griechenland. Die Arbeit geht vor, und auch die Liebe steht hintenan. In „Lights Camera Action“ mag sie zwar über wilde Klubnächte singen und in „Someone For Me“ nach einem heißen Typen lechzen. „Doch das ist alles eher spielerisch gemeint. In Wirklichkeit finde ich mein Glück zurzeit in der Musik.“ Nächstes Jahr im Sommer kommt Kylie Minogue nach neun Jahren endlich wieder zu uns auf Tour. „Ich freue mich wahnsinnig“, sagt sie. „Mein Ziel ist, dass wir für einen Abend alle zusammen feiern, Spaß haben und die Welt um uns herum vergessen können.“ *Steffen Rüth
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