Ihre gesellschaftliche Position bemisst sich für schwule Männer oft nicht an Geld oder Macht, sondern an der Möglichkeit zu beeinflussen, was Menschen meinen, wenn sie schwul sagen. Dafür stehen diese Elf im Juli 2014 so sehr wie niemand anderer in Deutschland. Deswegen sind sie unsere Nationalmannschaft, die einflussreichsten schwulen Männer in Deutschland.
STEFAN NIGGEMEIER (JOURNALIST)
Er hilft, sich über den zweimal mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten BILDblog ein Bild über Deutschlands größte Tageszeitung zu machen. Er hält dem SPIEGEL regelmäßig den Spiegel vor. Als ausgewiesener Fachmann für Medien scheut er nicht davor zurück, homophobe Tendenzen in selbigen aufzudecken. Stefan Niggemeier ist die perfekte Abwehr in der schwulen Nationalelf.
In der Frankfurter Allgemeinen definierte der Journalist seine Arbeit so: Für mich ist es eine Sucht. Ein unstillbarer Hunger nach Aufmerksamkeit. Oder, um es positiver und weniger egozentrisch zu sagen: nach Kommunikation. Die nutzt Niggemeier zum Beispiel, um Dieter Bohlen als Arschloch bloßzustellen. Bohlen hatte Moderator Marco Schreyl in der BILD mit dessen Sexualität erpresst. BILD wiederum entlarvt er in dem Beitrag anhand einer weiteren Causa Schreyl als zutiefst homophob. Diese von unbefriedigter Geilheit täglich berstende BILD-Zeitung nutze eine schlüpfrige Moderation von Schreyl als Vorwand, Kindeswohl und den guten Geschmack durch Witze Schwuler gefährdet zu sehen. Niggemeier schließt: Der Schwulenwitz ist noch und wieder hoffähig. Der Witz eines Schwulen ist es nicht. Das ist der Stand der Dinge.
Auch die fast legendäre Maischberger-Sendung vom Februar dieses Jahres, in der über den Bildungsplan in Baden-Württemberg diskutiert wurde, nahm Niggemeier zum Anlass, über den Umgang mit Meinungen und Menschenhass in Medien zu referieren. Er legt dar, warum nicht der Eindruck entstehen dürfe, die Diskriminierung von Minderheiten und Nicht-Diskriminierung von Minderheiten seien zwei gleichwertige Positionen oder Meinungen, die man in einem Duell gegeneinander antreten lassen kann. Genau diese Art der Auseinandersetzung mit Meinung, Sprache und dem Umgang der Medien mit beidem macht Stefan Niggemeier in Zeiten von pöbelnden Matusseks und missionierenden Kelles so unverzichtbar für die deutsche Medienlandschaft.
Sein Projekt krautreporter.de, das über Crowdfunding werbefreien Qualitätsjournalismus bieten will, war unterstützenswert. Seine Blogbeiträge aber sorgen dafür, dass kaum ein homophober Medien-Pass der gegnerischen Mannschaft den Strafraum erreicht. ck
Internet: WWW.STEFAN-NIGGEMEIER.DE