Foto; Schwuguntia
„CSD-Mainz“
Auch wenn es den Mainzer CSD mit seiner Demo noch nicht so lange gibt, kann die Mainzer Community mit der Sommerschwüle auf eine lange Communityfesttradition zurückblicken. Der Mainzer Verein Schwuguntia organisiert Sommerschwüle und CSD. Anlässlich des Jubiläums der Sommerschwüle haben wir den Schwuguntia-Vorstand zum Interview gebeten. *bjö
Sommerschwüle oder CSD Mainz – wie bezeichnet ihr euch selbst eigentlich im Jahr 2024?
Lustigerweise haben wir im Orgateam letztens noch drüber gesprochen. Ursprünglich war die Sommerschwüle das LesBiSchwule Sommerfest in der Alten Ziegelei. Als die Veranstaltung dann in die Innenstadt zog, war das nicht so ganz eindeutig. Für die einen war es die Party am Abend, andere nannten die Demo Sommerschwüle und für wieder andere war es die gesamte Veranstaltung. In den vergangenen Jahren haben wir den Sonntag mit Kaffee und Kuchen in der Kulturei Sommerschwüle genannt. In diesem Jahr haben wir uns dazu entschieden, das Rahmenprogramm, das schon im Juni begonnen hat und auch den kompletten Juli abdeckt, unter dieser Dachmarke zusammenzufassen. Die Sommerschwüle ist also quasi ein queeres Festival, und eine Veranstaltung davon ist der CSD mit der Demo am 27. Juli.
Welches sind eure Highlights der queeren Festivalwochen „Sommerschwüle“?
Die Sommerschwüle, das Rahmenprogramm zum CSD Mainz, hat mit über zwanzig Veranstaltungen in diesem Jahr für alle etwas zu bieten. Verschiedene Workshops und Infoveranstaltungen zu Pupplay, Chem-Sex, Support von Geflüchteten oder Drag. Das große Highlight ist mit Sicherheit die Dragshow am Vorabend der Demo, bei der vierzehn Drags aus Mainz, Berlin und unserer Partnerstadt Dijon auftreten.
Wie hat sich das ursprüngliche LesBiSchwule Sommer- und Grillfest zum heutigen CSD entwickelt?
Die Sommerschwüle war auch als Grillfest schon immer politisch. Neben Tanz- und Showprogramm gab es immer auch Podiumsdiskussionen und Workshops an den Infoständen. Nachdem die Besucherzahlen schnell auf mehrere tausend Menschen angestiegen war, wurde die Organisation logistisch zunehmend schwierig. So wurde das KUZ am Winterhafen als neue Location gefunden. Mit dem Wunsch nach mehr Sichtbarkeit zog das Straßenfest mit Infoständen schließlich zum Gutenbergplatz und es gab die erste Demo. Nach der pandemiebedingt abgespeckten Menschenkette und einer Fahrraddemo wollten wir im darauffolgenden Jahr eine Backup Möglichkeit haben, um eventuell das Gelände einzuzäunen, und sind so zurück ins KUZ. Das Ambiente am Rhein und die Möglichkeit, sich auch in den Winterhafen zurückzuziehen, erwiesen sich als gute Option – insbesondere auch, um die im vergangenen Jahr fast 10.000 Besuchenden zu verteilen.
Foto: Schuguntia
„VorstandSchuwguntia“
Was steckt hinter eurem Motto „Heute queer – morgen ihr“?
Wir wollen damit die gesellschaftlichen Parallelen der 1920er Jahre und heute aufzeigen – bezugnehmend auf ein Gedicht von Martin Niemöller, in dem er beschreibt, was passiert, wenn die Gesellschaft wegschaut, wenn marginalisierte Gruppen ausgegrenzt werden. Aktuell wird die queere Community für einen Kulturkampf instrumentalisiert. Doch was ist, wenn Puppys, Trans*Personen, Drag-Queens oder Menschen, die nicht dem heteronormativen Bild entsprechen, unsichtbar sind? Welche Gruppe ist die nächste?
Ein wichtiges Thema, mit dem sich Communityfeste- und -orte auseinandersetzen müssen: Wie finanziert sich die Sommerschwüle / CSD Mainz?
Eine Veranstaltung wie der CSD landet mit Technik, Sicherheit, Gema und anderen Gebühren schnell im fünfstelligen Bereich. Einige Kosten werden mit dem Verkauf von Tickets oder Standgebühren wieder ausgeglichen, aber ohne Spenden aus der Community, Unterstützung der Stadt und Sponsoren wäre das finanziell nicht zu stemmen.
CSD-Veranstaltungen waren schon immer eine Gratwanderung zwischen Kommerz, Party und Politik; wie bekommt ihr den Balanceakt hin?
Die Sommerschwüle hatte schon immer einen Fokus auf das Politische. Allein die Wahl unseres Mottos zeigt die Ernsthaftigkeit und dass wir nicht nur schrill und bunt sind, wie CSDs gerne in der Presse dargestellt werden. Bei unserer Demo gehen knapp zehntausend Menschen zu Fuß. Bei uns sind keine Wagen zugelassen. Wie politisch die Mainzer Community ist, zeigt die Tatsache, dass es einen zweiten, Queerradikalen CSD gibt. Ein reiner Party CSD würde der Mainzer Community nicht entsprechen und von dieser auch abgelehnt werden. Natürlich gehört es auch zu einem CSD, sich als Teil der Community zu fühlen und sich so zu zeigen, wie man ist und auch die Erfolge des Aktivismus zu feiern. Und auch dafür bietet der CSD Mainz den Raum.
27.7., CSD Mainz, Demostart um 14 Uhr ab Fischtor, im Anschluss Kundgebung, Infostände, Speisen und Getränke auf den Malakoff-Terrassen. Ab 22 Uhr „Post Pride Clubbing“ CSD-Party, Altes Postlager, Mombacher Str. 11 – 15, Mainz, www.csd-mainz.de
Tipps:
26.7., Internationale Dragshow mit 14 Acts aus Mainz, Berlin und Dijon, Altes Postlager, Mombacher Str. 11 – 15, Mainz, 20 Uhr
28.7., CSD-Chill-out, Kulturei an der Zitadelle, Zitadellenweg, Mainz,14 Uhr
Alle Infos zu den Veranstaltungen der Sommerschwüle findet man unter www.csd-mainz.de/sommerschwuele/ und auf Instagram unter @csdmainz