Foto: Uli Barths / FVV
Am Anfang war es eine kleine Gruppe schwuler Volleyballspieler, die 1985 einen eigenen Verein gründete und damit – ohne es zu ahnen – den Grundstein für den heute größten queeren Sportverein Hessens legten. Heute zählt der Verein fast 1.000 Mitglieder und bietet insgesamt 27 Sportarten und Kurse. 2025 feiert der FVV sein 40-jähriges Jubiläum und hat dafür sein „Aktionsjahr Queerer Sport“ ausgerufen. Wir haben Matthias Krautinger, Pressesprecher des FVV, zum Interview getroffen.
Der FVV ist der größte hessische queere Sportverein und bietet sogar mehr als queeren Sport, richtig?
Ja, genau! Wir sind der mitgliederstärkste, queere Sportverein in Hessen und sicher unter den Top Ten in Europa. Von Beginn an sind unsere Mitgliederzahlen beständig gestiegen und nun hoffen wir, bald das 1.000 Mitglied begrüßen zu können.
Unser Sportprogramm wächst stetig und passt sich auch immer aktuellen Trends an. Neben „Klassikern“ wie Volleyball, Schwimmen, Badminton, Tanzen und Fußball bietet der FVV auch Sportarten an, die man nicht auf Anhieb dort vermutet, wie Sportschießen, Rudern oder Boxen und Sportarten, die in der Region oder im Programm anderer Vereine eher selten zu finden sind wie Segeln, Wintersport oder Trampolinturnen. Unter dem Dach der Schwimmabteilung sind die Unterabteilungen Synchronschwimmen und Wasserspringen organisiert.
Der FVV bietet ein riesiges Programm nicht nur mit über 2.000 Sportterminen im Jahr, sondern auch vielen vereinseigenen Veranstaltungen: Wir beteiligen uns an Events der Community, sind in zahlreichen Gremien und Verbänden aktiv und versuchen auch noch soziale Projekte zu stemmen.

Foto: FVV
Gründungsjahre: Schnappschuss aus dem FVV-Vereinsleben in den 1980ern.
Neben dem Sportangebot ist nach wie vor das Engagement gegen Diskriminierung im Sport eines der zentralen Themen eurer Vereinsarbeit. Wie hat sich diese Aufgabe im Laufe der Jahre verändert?
Vor 40 Jahren haben eine Handvoll schwuler Männer einen Sportverein gegründet, weil sie sich im normalen Sportbetrieb Diskriminierungen und Anfeindungen ausgesetzt sahen, weil sie sich nicht outen konnten oder wenn sie sich outeten, nicht mehr so behandelt wurden wie vorher, und weil sie einen offenen und diskriminierungsfreien Ort für den Sport suchten. Also machten sie sich selbstständig und wählten mit „Frankfurter Volleyball-Verein“ auch bewusst einen neutralen Namen, um zum Beispiel bei der Bewerbung um Hallen nicht aufzufallen und gleichberechtigt zu sein.
In den späten 90ern bis in die 2010er Jahre konnten wir uns dann über eine zunehmende gesellschaftliche Liberalisierung und Offenheit freuen – wir denken dabei an die „Ehe für alle“ und viele gesetzliche Verbesserungen für gleichgeschlechtlich lebende Menschen im Hinblick auf Steuer-, Erb-, Arbeits-, Adoptionsrecht und so weiter. Viele von uns waren der Überzeugung, es könnte in rechtlicher und gesellschaftlicher Hinsicht nur noch vorwärts gehen.
Doch in den letzten Jahren wurden wir auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und als Verein mit vielen queeren Mitgliedern sind wir wieder in großer Sorge: Die Akzeptanz für queere Rechte bröckelt, rückwärtsgewandte Ideen und Organisationen verzeichnen außerordentlichen Zulauf und tatsächlich wird die Rücknahme erkämpfter Rechte auch in EU-Nachbarländern bereits gesetzliche Realität. Der FVV ist ein Sportverein und keine politische Organisation, aber als mitgliederstärkste queere Institution in Hessen wollen wir uns auch am gesellschaftlichen Diskurs beteiligen.
Foto: Uli Barths / FVV
Empfang „40 Jahre FVV“ im Kaisersaal des Rathauses, mit Oberbürgermeister Mike Josef.
Der Verein hat sich für das „Aktionsjahr queerer Sport“ eine ganze Reihe Projekte vorgenommen; um was geht es da?
Mit dem „Aktionsjahr Queerer Sport“ anlässlich unseres Jubiläums wollen wir Öffentlichkeit herstellen, Bekanntheit schaffen, Aktivitäten bündeln, unser Netzwerk ausbauen und neue Freundinnen und Freunde gewinnen.
Mit Unterstützung des Oberbürgermeisters Mike Josef, der ja auch Sportdezernent und Schirmherr unseres XMAS Turniers ist, sowie des Sportamtes und des Sportkreises, realisieren wir unter dem Motto „2025 – Aktionsjahr Queerer Sport“ im Jubiläumsfahr eine Reihe von Projekten, Initiativen und Veranstaltungen, die in die Zivilgesellschaft hineinwirken sollen. Das Konzept wird bereits von vielen Kooperationspartnern unterstützt und wächst immer noch stetig.
Eine Auswahl geplanter, laufender und bereits realisierter Projekte:
Zum Auftakt des Aktionsjahres empfing die Stadt den FVV im Kaisersaal des Rathauses. Mike Josef begrüßte die über 200 Gäste: „Mit aktuell fast 1.000 Mitgliedern trägt der FVV entscheidend dazu bei, dass Frankfurt eine liberale und weltoffene Stadt ist und Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung eine sportliche Heimat bietet“.
Weitere Projekte sind unter anderem die Verleihung des FVV-Ehrenpreises an das Sportamt für das Engagement bei der Bewerbung um die EuroGames, eine Dokumentation zur Vereinsgeschichte, Bewegungsangebote für Regenbogenfamilien, die Gründung einer FVV-Stiftung und eine große Umfrage zur Akzeptanz queerer Mitglieder in klassischen Sportvereinen. Und natürlich gab es auch schon eine große Community-Party im April und wir arbeiten am größten XMAS Turnier aller Zeiten mit 12 Sportarten und 2.000 Teilnehmenden. Die Arbeit an der Bewerbung für die EuroGames 2028 gehört auch dazu.

Foto: FVV
Das FVV- X MAS Turnier findet Anfang Dezenber statt.
Frankfurt könnte damit nach 1995 zum zweiten Mal Ausrichter der EuroGames werden. Wie ist da der Stand der Dinge?
Die Römerkoalition aus SPD, FDP, Grünen und Volt hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass sich Frankfurt um die Ausrichtung einer internationalen queeren Sportveranstaltung bewerben soll. Das ist ein starkes Signal für Vielfalt, Teilhabe, Gleichberechtigung und Akzeptanz in unserer Stadt. Die Arbeit an der Bewerbung für die EuroGames 2028 wird vom Sportamt koordiniert und auch vom FVV und Artemis unterstützt.
Die EuroGames werden von der European Gay & Lesbian Sport Federation, der EGLSF, vergeben. Die EGLSF ist der Dachverband der queeren Sportvereine in Europa. Das Netzwerk umfasst derzeit mehr als 15.000 Mitglieder in über 100 Organisationen und Sportvereinen in mehr als 30 Ländern. Der FVV ist Gründungsmitglied der EGLSF – und richtig, wir waren bereits 1995 erfolgreicher Gastgeber der EuroGames III. Die EuroGames sind die größten und öffentlichkeitswirksamsten Sport- und Kulturveranstaltungen der queeren Community in Europa. Sie finden jährlich statt, haben in der Regel über 4.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ein breites Sportangebot und ein begleitendes Fest- und Kulturprogramm. Die Entscheidung über den Austragungsort 2028 fällt im Oktober 2025.

Foto: Ansgar Finken / FVV
Was plant der FVV zum CSD – und was sind eure Erwartungen an den neuen Festplatz am Mainufer?
Der FVV ist mit fünf Programmpunkten auf dem diesjährigen Frankfurter CSD vertreten: Natürlich mit unserem FVV-Getränkestand und Biergarten direkt neben der Hauptbühne, als zentraler Treffpunkt für die Vereinsmitglieder, die besten Freund*innen des Vereins und alle, die es noch werden wollen. Wie immer wird das mit großem Engagement ausschließlich ehrenamtlich von den Vereinsmitgliedern betrieben. Wir starten dort bereits am Donnerstagabend und der erste Abend wird auch der FVV-Mitglieder-Abend sein: Im Vereinsoutfit oder bei Vorlage des Vereinsausweises gibt es eine kleine Überraschung aus der Bar! Am Sonntag gibt es den FVV-Tanztee auf und vor der Hauptbühne.
Die beliebte Veranstaltung findet normalerweise monatlich im Switchboard statt, wechselt aber anlässlich des CSD nach draußen. Am Sonntag von 13 bis 15 Uhr treffen sich Singles und Paare, Anfänger*innen und Tanz-Profis und alle, die einfach einen schönen Sonntagmittag mit viel Musik und guter Laune verbringen möchten zum moderierten Mitmach-Tanzen mit unserem FVV-Tanztrainer Norman und natürlich assistiert von Tante Gladice.
Beim Ortswechsel schlagen zwei Herzen in unserer Brust: Es fällt uns nicht leicht, den angestammten Platz inmitten „unseres“ Viertels zu verlassen. Auf der anderen Seite freuen wir uns ungemein auf die neue Fläche am Main – die Konstablerwache verlor in den letzten Jahren zunehmend an Atmosphäre und die Programmangebote waren verschachtelt und kamen aus Platzgründen auch an ihre Grenzen. Die Fläche am Main verspricht ein neues Flair, einen luftigeren Aufbau und die Grünflächen laden ein zum Chillen, Verweilen und Genießen. Platzprobleme werden wir keine mehr haben und alle Angebote und Programmelemente sind auf einer Fläche vereint. Wir fiebern dem Neuen entgegen!