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Karen Wittel
Nachhaltiges Reisen wird für immer mehr Urlauber*innen zum wichtigen Aspekt ihrer Planung. Karen Wittel ist Expertin für Nachhaltigkeit und bietet als Inhaberin des Reiseveranstalters atambo tours schon seit Jahren sanften Tourismus. Im Interview gibt sie Tipps für umweltgerechten Urlaub.
Was verbirgt sich hinter den Begriffen „sanfter Tourismus“ und „nachhaltiges Reisen“?
Nachhaltiges Reisen ist kein geschützter Begriff, wie zum Beispiel „bio“. Für mich bedeutet es im Einklang mit Mensch, Tier und Natur zu reisen. Es geht also nicht „nur“ um den CO2-Fußabdruck. Es bedeutet, dass uns die Menschen in den Zielländern wichtig sind. Wir arbeiten als Reiseveranstalter mit den Leistungsträgern in den Zieldestinationen direkt zusammen. Deshalb können wir sicherstellen, dass die Kollegen die gleichen Kriterien an Nachhaltigkeit haben wie wir selbst. Gemeinsam identifizieren wir zum Beispiel ökologisch geführte Unterkünfte, passende Guides und neue Ziele jenseits der Massen und wir unterstützen Umwelt- und Artenschutzprojekte. Unsere Partner bieten ihren Mitarbeitern faire Arbeitsbedingungen und stehen für Kinderschutz ein.
Um auf den CO2-Fußabdruck zurückzukommen: Wir kompensieren die entstandenen Emissionen der An- und Abreise mit „atmosfair“. Das sind bei einer Fernreise schnell mal weit über 100 Euro.
Ist nachhaltiger Urlaub ein Luxus, den sich nur wenige leisten können?
Die Antwort lautet klar: nein! Nachhaltigkeit bedeutet einfach „bewusst“ reisen. De facto ist es im ersten Schritt auch ein wenig Fleißarbeit. Denn anders als im Supermarkt, wo ich die Wahl habe zwischen „bio“ und „nicht-bio“ ist es beim Reisen nicht so einfach, zwischen greenwashing und gelebter Nachhaltigkeit zu unterscheiden. In jedem Fall gilt: Mit ein paar wenigen Regeln lässt sich viel bewirken.
Muss man, wenn man nachhaltiges Reisen ernst nimmt, nicht zu Hause auf dem Balkon bleiben?
Aus meiner Sicht ist das A und O die clevere Planung. Lieber nicht so oft verreisen, dafür dann länger. Bei den Reisezielen kreativ sein – es muss doch nicht unbedingt Barcelona sein, richtig? Und dann ist da noch die Frage des „wie bewege ich mich fort“? Mobilität ist ganz klar die Achillesferse des Reisens. Wer nicht kompensieren kann oder will, könnte bei der Fernreise den Direktflug wählen anstatt die Umsteigeverbindung. Denn bei Start- und Landung wird besonders viel CO2 emittiert. Auf der Kurzstrecke bis 800 km sollten Alleinreisende die Bahn oder den Bus wählen oder sich mit anderen ein Auto teilen.
atambo tours ist Mitglied und ich bin die Regionalleiterin im Verband für Nachhaltiges Reisen „forum anders reisen“ und wir verfolgen die Vier-Säulen-Strategie: 1. Vermeiden, 2. Reduzieren, 3. Informieren, 4. Kompensieren – für alle Emissionen, die sich trotz sorgsamer Reiseplanung nicht vermeiden lassen.
Gibt es eine entsprechende Zertifizierung, an denen Reisende sich orientieren können?
Es gibt eine Vielzahl von Nachhaltigkeitssiegeln im Tourismus. Viele davon stellen „nur“ auf die Unterkunft ab. Meine Favoriten: In Deutschland schaue ich gerne auf „Viabono“, bei Hotels und Campingplätzen in Frankreich, Italien und Spanien auf das „Ecolabel“.
In der Schweiz ist „Ibey Fairstay“ meine Empfehlung. Und wenn es in die Ferne geht, also zum Beispiel Richtung Karibik, dann freue ich mich über „Green Globe“ und die „Green Key“-Auszeichnungen.
Bei Reiseveranstaltenden ist „Travellife“ und „TourCert“ eine gute Adresse. atambo tours trägt als nachhaltig zertifizierter Reiseveranstaltender das TourCert-Siegel. Sehr hilfreich zur Orientierung im Siegel-Dschungel finde ich die Website www.label-online.de