Foto: LENZ E-Bikes
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Die Geschwister Eric, Verena und Thilo leiten Lenz E-Bikes
Im Fahrrad-Familienbetrieb LENZ E-Bikes herrscht echter Pioniergeist, und das bereits seit 1980, als Vater und Mutter Lenz ihren Fahrradladen in Kelkheim-Fischbach eröffnet hatten. Ihre drei Kinder Eric, Verena und Thilo haben vor drei Jahren das Geschäft übernommen und die Vision der Eltern weitergeführt – das Fahrrad oder heute das E-Bike als Alternative zum Auto zu verstehen. Im Interview erklärt Eric ihre Vision.
Eric, ihr seid ein echtes Familienunternehmen, das auf eine lange Fahrradtradition zurückblicken kann.
Wir drei, also mein Bruder, meine Schwester und ich, sind im Fahrradgeschäft unserer Eltern aufgewachsen. Das Fahrrad ist ein Teil unserer DNA. 1980 hat mein Vater zusammen mit meiner Mutter den Fahrradladen im Elternhaus in Kelkheim-Fischbach gegründet. Das Ganze war damals noch relativ klein, in der Garage und im Keller. Wir haben einen recht großen Hof, der im Sommer die Ausstellungsfläche war; dann standen also alle Räder draußen im Hof und die Kunden haben dort geschaut. Meine Eltern waren so richtige Ökos, so nannte man das damals, als zum Beispiel Birkenstock noch nicht modern war. Das war diese Generation: viel Natur, viel Vollkorn, viel Gemüse, viel vom Bauern.
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Eric vom Team
Das heißt, Fahrradfahren war schon damals eine Haltung, als alternatives Fortbewegungsmittel zum Auto?
Ja, die Vision hatte mein Vater schon damals. Er war ein echter Vorreiter, und wir haben seine Vision weitergeführt. Wir sind zwar im Fahrradgeschäft unserer Eltern aufgewachsen, haben dann aber erstmal ganz andere Berufe gelernt. Mein Vater hat tatsächlich immer zu mir gesagt: lasst das mit dem Einzelhandel, lernt lieber was Anständiges. Ich habe dann Betriebswirtschaft studiert, mein Bruder ist Ingenieur und meine Schwester hat Pädagogik studiert und wir haben als Angestellte gearbeitet. Als mein Vater mit 65 in Rente gehen und das Unternehmen an jemanden übergeben wollte, habe ich gesagt: Lasst uns bitte erst mal nachdenken. Den Wunsch nach eigenbestimmtem und selbstständigem Arbeiten gab es bei mir schon immer. Und man möchte doch gerne in seinem Leben etwas Sinnhaftes tun. Und was gibt es Besseres, als dabei zu helfen, Autos zu reduzieren, der Umwelt etwas Gutes zu tun und den Menschen mehr Bewegung und Gesundheit zu gönnen? Und so haben wir drei den Laden übernommen. Aber wir wollten ihn auf unsere Art weiterführen. Wir haben uns viele Fahrradläden angeschaut und merkten schnell: so wollten wir es nicht machen! Keine „Lenker Parade“, also ein Fahrrad neben dem anderen. Wir wollten ein reduziertes Sortiment mit einer klaren Strategie. Ein aufgeräumtes Geschäft, wo man sich beim Eintreten schon wohlfühlt. Bei uns sollte man alle Räder schön rundherum betrachten können, ohne sie erst irgendwie, irgendwo rausziehen zu müssen. Wir haben das Geschäft also neu überlegt und upgedatet. Mein Schwager Magnus ist als Kommunikationsprofi auch noch mit ins Boot gekommen und kümmert sich sehr kreativ um das Marketing. Seit drei Jahren haben wir jetzt unser neues Konzept, und das kommt nicht nur bei den Kunden gut an: Wir sind Mitglied im VSF, dem Verbund Service Fahrrad, der auch schon in den 80ern gegründet wurde. Das ist ein Verbund kleiner Läden, um ein bisschen Gegengewicht zu den großen Ketten zu bilden und sich miteinander abzustimmen und austauschen. Der Verbund ist seit den 80ern stark gewachsen, ist inzwischen auch politisch aktiv und wird entsprechend wahrgenommen. Und im Verbund werden wir tatsächlich stark wahrgenommen und hatten schon viele Besuche von Kollegen, die sich über unser Konzept informiert haben. Wir sind darüber hinaus auch eine zertifizierte Werkstatt, die vom VSF auditiert ist. Das nennt sich „all-ride“-Werkstatt, und da muss man so einiges erfüllen, um dieses Zertifikat zu bekommen. Also wir haben auch einen hohen Qualitätsstandard in der Werkstatt.
Ihr habt also den Pioniergeist der Eltern übernommen?
Absolut!
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Die Geschwister Eric, Verena und Thilo leiten Lenz E-Bikes
Und was ist der Unterschied zwischen einem E-Bike und einem Pedelec oder S-Pedelec?
Tatsächlich ist „E-Bike“ nur der Überbegriff für die gesamte Kategorie. Diese Fahrzeuge sind alle Pedelecs. Pedelec heißt „Pedal Electric Cycle“, und das beschreibt die Trittkraftunterstützung. Ein echtes E-Bike ist eigentlich ein motorisiertes Fahrrad, wo du, wie beim Moped, Gas geben kannst. Ein S-Pedelec fährt bis zu 45 km/h und braucht eine Straßenverkehrszulassung, also ein Kennzeichen. Die fahrende Person darf damit auch nur auf der Straße fahren. Ein Pedelec hingegen ist bei 25 km/h vom System aus quasi abgeriegelt und kann nicht schneller fahren; daher darf man mit ihnen wie mit einem Fahrrad auf Fahrradwegen fahren. Die meisten Räder haben mittlerweile unterstützende Mittelmotoren. Das heißt, der Motor ist in der Kurbel und hat verschiedene Sensoren, die spüren, wie viel Kraft du in die Pedale gibst. Je nachdem welche Unterstützungsstufe du am E-Bike beziehungsweise Pedelec eingestellt hast, unterstützt dich der Motor beim Treten. Das heißt, wenn es bergauf geht und du schwerer reintrittst, gibt er dir mehr Unterstützung. Wenn es bergab oder geradeaus geht, merkt er, dass du leichter trittst und gibt dann weniger Unterstützung. E-Bike fahren ist also immer noch Bewegung, immer noch Sport. Über die einstellbare Unterstützungsstufe des Motors kann ich zum Beispiel im leichten Modus fahren und habe dann einen höheren Fitnesseffekt, oder ich will die volle Unterstützung, weil ich eigentlich das Fahrzeug an dem Tag nur als Fortbewegungsmittel sehe, wenn ich zum Beispiel im Anzug und fahre zur Arbeit und nicht nassgeschwitzt ankommen möchte.
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Die Geschwister Thilo, Verena und Eric leiten Lenz E-Bikes
Auf der Website kann man ein Statement von dir lesen: „Es ist an der Zeit, das E-Bike als Alternative zum Auto zu nutzen. Nicht nur in der Freizeit, sondern für alltägliche Wege". Wie reagieren die Leute darauf? Hat sich die Einstellung geändert?
Ja, da hat sich in den letzten Jahren schon einiges verändert. Unsere Kunden stellen ja selbst fest, was wir hier an Verkehrsaufkommen haben. Viele kommen gezielt in unseren Laden, um mit uns über das Thema „Alternative zum Auto“ zu sprechen. Wir vergleichen das E-Bike nicht mit dem Fahrrad, sondern mit dem Auto. Fahrradfahren ist das Beste was du tun kannst, aber für die Wege in unserer Region ist das Fahrrad nicht immer das geeignete Verkehrsmittel. Deshalb fahren viele mit dem Auto. Mit dem E-Bike haben wir aber ein Verkehrsmittel, um auch längere Strecken zurückzulegen. Auch der nächste Berg ist kein Hindernis mehr, und man kommt nicht verschwitzt auf der Arbeit an. Man kann auch einkaufen gehen und alles problemlos mit dem E-Bike transportieren. Deswegen sehen wir das E-Bike als ein elektrisches Fahrzeug auf zwei Rädern.
Du sprichst jetzt von Lastenrädern?
Nein, ich meine ein normales E-Bike. Im Fahrradkorb und mit zwei Seitentaschen kannst du problemlos deine Einkäufe verstauen. Da braucht man kein Lastenrad. Lastenräder sind eine andere Kategorie und werden hauptsächlich von Familien oder Hundebesitzern genutzt oder auch von Geschäftsleuten oder Handwerkern. Das E-Bike ist die Alternative zum Auto für alle Menschen, das E-Lastenrad natürlich auch. Und außer dem Wetter spricht mittlerweile tatsächlich nichts dagegen, mit dem E-Bike zu fahren anstatt mit dem Auto. Und man braucht weniger Platz für Parkplätze. Wenn Parkplätze reduziert werden, haben wir weniger versiegelte Flächen. Warum kommt es denn bei jedem großen Regen zu Überschwemmungen und vollgelaufenen Kellern? Weil das Wasser nicht mehr weiß, wo es hin soll. Dazu kommt die Bewegung, die wir im Vergleich zum Autofahren haben. Wir sitzen im Büro. Wir sitzen im Auto, in der Bahn. Aber beim Fahrradfahren habe ich eine Bewegung, die ich in den Alltag integrieren kann. Das heißt, Wege, die ich sonst mit dem Auto fahren würde, auch weite Entfernungen, kann ich jetzt mit dem E-Bike erledigen und bekomme dadurch Bewegung geschenkt. Viele wohnen zum Beispiel hier im Taunus, arbeiten aber in Frankfurt oder Wiesbaden und pendeln mit dem E-Bike. Um in die Stadt zu kommen, braucht man mit dem Auto genauso lang wie mit dem E-Bike. Bei uns steht man morgens mit dem Auto erstmal 30 Minuten im Stau, bevor man überhaupt auf die A66 kommt. Mit dem E-Bike fährst du gemütlich durchs Feld, an den Autos vorbei, und bist mindestens genauso schnell am Ziel. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, weil ich früher in Frankfurt gearbeitet habe und täglich mit dem E-Bike gefahren bin. Neben der guten Laune, die ich nach der Tour im Büro hatte, hatte ich auch eine Zeitersparnis. Und zum Bereich der Kosten: 100 km E-Bike fahren kosten je nach Akkugröße etwa 50 Cent, 100 km Autofahren kosten so zwischen 15 und 20 Euro, neben den hohen Versicherungskosten, Steuern und den hohen Reparaturkosten fürs Auto.
Ihr informiert auch über Leasing von E-Bikes; ist das für Firmen gedacht, oder auch für „Privatpersonen“?
Es ist gedacht für Privatpersonen, die in einer Firma angestellt sind. Im Moment, wo du steuerpflichtigen Lohn erhältst, sparst du mit einem Leasing über deine Gehaltsabrechnung; die Leasingrate wird von deinem Bruttogehalt umgewandelt und dann hat man 30 bis 40 Prozent Steuerersparnis. Das ist tatsächlich ein groß angelegtes Förderprogramm des Staates. Die verzichten auf Steuereinnahmen, wenn du von einem Teil deines Gehalts ein Leasingrad bezahlst. Im Unterschied zum Dienstauto kann jeder E-Bike-Leaser das Rad auch zu 100% privat nutzen. Da muss keine betriebliche Nutzung nachgewiesen werden. Und für die Firma ist das Ganze kostenneutral. Das gilt im Übrigen fürs Leasen aller Fahrräder, nicht nur für E-Bikes.
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Kritik gibt es häufig an den Akkus der E-Bikes, die nicht besonders umweltfreundlich sein sollen. Hat sich da etwas geändert?
Naja, natürlich sucht man überall nach negativen Aspekten. Als Beispiel: jeder Fleischesser sagt zum Vegetarier, weißt du, wie viel Wasser eine Avocado verbraucht? Man muss aber die Ökobilanz bei den E-Bikes betrachten und vergleichen. Und wenn man sich den CO2-Ausstoß der E-Bike Akku Produktion anschaut, sind das etwa 27,5 bis 37,5 Kilo CO2 pro Akkuproduktion. Die Zahlen sagen einem vielleicht nicht viel, aber wenn man das mit einem Auto vergleicht, ist die Ökobilanz nach etwa 300 km E-Bike-fahren schon wieder besser als die des Autos beim Fahren. Das Umweltbundesamt hat eine Broschüre erstellt, die das genau darlegt, auch um genau dieses Gerücht, so würde ich das jetzt mal nennen, zu widerlegen. Das ist einfach bloß ein Schimpfen der Autofahrer auf die E-Bike-Fahrer. Und ja, es stimmt: Die Produktion eines E-Bike-Akkus ist nicht das Beste und die Ökobilanz eines E-Bikes ist schlechter als die des Fahrrads. Aber wie gesagt: Im Vergleich zum Auto ist die Ökobilanz nach 300 km besser. Und das erreicht man schnell; einige Kunden kommen schon nach ein bis zwei Wochen zu uns, um die Einfahrkontrolle nach 300 Kilometern machen zu lassen.
Wie sieht es mit der Wartung von E-Bikes aus? Mein Fahrrad bringe ich einmal im Jahr zur Inspektion!
Das ist bei den E-Bikes identisch. Die Komponenten sind ja die gleichen wie bei einem Fahrrad, bis auf den Motor. Und da kommen dann noch mal zwei, drei Sachen dazu, die gewartet werden müssen. Mittlerweile ist der Zweiradmechaniker ein Zweiradmechatroniker, und der macht dann Fehleranalyse oder liest die Fehler aus, die im elektrischen System festgehalten werden.
LENZ E-Bikes, Bahnstr. 14, Kelkheim, www.lenz-ebikes.de
Interview: Björn Berndt